Gäste bringen mehr als 450 Neuerscheinungen mit
LITERATUR Niederländische und flämische Autoren präsentieren in Frankfurt ihre Bücher
AMSTERDAM/BRÜSSEL – Aus dem gemeinsamen Sprachraum Niederlande und Flandern kommen zur Frankfurter Buchmesse mehr als 450 Neuerscheinungen. Einige Empfehlungen aus der Belletristik: Saskia De Coster: „Wir & ich“(409 Seiten, Klett Cotta,
22,95 Euro): Wir – das ist eine total verkorkste Familie, ebenso reich wie hohl. Und ich – das ist Sarah, die Tochter, die fast erstickt in der Enge und Langeweile. De Coster skizziert sehr ironisch ein großartiges Familienporträt. Das ist so beklemmend, dass einem oft das Lachen im Halse stecken bleibt. Fikry El Azzouzi: „Wir da draußen“(Dumont, 20 Euro): Der flämisch-marokkanische Autor ( Jahrgang 1978) schuf das mitreißende Porträt einer Jugendclique. Irgendwo in Belgien. Sie hängen herum, wollen Spaß, Mädels und eine Zukunft. Doch keiner will sie. Ziemlich drastisch und sehr authentisch schildert El Azzouzi einen Weg der Radikalisierung. Cees Nooteboom: „533 Tage“(Suhrkamp, 255 Seiten, 22 Euro): In seinem Insel-Tagebuch von seiner Wahlheimat auf den Balearen philosophiert der 83-jährige Autor über seinen Garten, die trostlose Situation in Europa und seine Begeisterung fürs All und die Sternbilder. Ein melancholisches Spätwerk, anregend und beglückend. Anna Enquist: „Die Eisträger“(144 Seiten, Verlag Klaus
Wagenbach, 9,90 Euro): Die Lehrerin Loes führt mit dem ehrgeizigen Psychiater Nico eine unterkühlte Ehe – die Autorin Enquist, eine Meisterin des psychologischen Romans, seziert genauso kühl den Zerfall der Beziehung. Die Katastrophe erscheint unausweichlich. Die sehr lesenswerte Novelle wurde zur Buchmesse neu aufgelegt.
Connie Palmen: „Du sagst es“(288 Seiten, Diogenes,
22 Euro): Sylvia Plath und Ted Hughes sind das berühmteste Liebespaar der modernen Literaturgeschichte. 50 Jahre nach demFreitod seiner Frau, lässt Connie Palmen Hughes sprechen. Über ihre leiden- schaftliche zerstörerische Liebe. Palmen, Meisterin der (eigenen) Beziehungsdramen, kriecht in Haut und Hirn von Hughes und schafft ein intimes Porträt.
J.J. Voskuil: „Das Büro 5: Und auch Wehmütigkeit“(992 Seiten, Verbrecher Verlag, 32 Euro): Das Leben im Amsterdamer Büro auf mehr als 5000 Seiten: Das Wahnsinns-Projekt von J.J. Voskuil, ein Bestseller in den Niederlanden, liegt jetzt im ersten von sieben Bänden auf Deutsch vor. Es geht um die Jahre 1979 bis 1982. Allerdings wegen seiner endlosen Dialoge anstrengende Lesekost. Joost Zwagerman: „Duell“( Weidle, 156
Seiten, 17 Euro): Eine Konzeptkünstlerin entführt in Amsterdam ein Gemälde von Mark Rothko – der Museumsdirektor zerstört es schließlich. Zwagerman hat eine köstliche Satire auf den zeitgenössischen Kunstbetrieb geschrieben. Witzig, sprachlich versiert und spannend. Tommy Wieringa: „Dies sind die Namen“(272 Seiten,
Hanser, 22 Euro): Fünf illegale Migranten irren durch die Steppe. Wieringa verknüpft ihre mörderisch-quälende Suche nach dem gelobten Land mit der Geschichte des Polizeikommandanten Pontus, der seine Wurzeln sucht. Ein aktuelles Thema, meisterhaft erzählt mit wunderbar leichtem Humor.