Nordwest-Zeitung

LUtztU DRK-UntUrkunft aufgUlöst

Halle wird nach zehn Monaten Flüchtling­sbetreuung zum Zentrallag­er des Klinikums ausgebaut

- VON MARC GESCHONKE

Es gab teils chaotische Verhältnis­se in der Schlachtho­fstraße. Rund 500 Flüchtling­e haben hier seit Dezember 2015 gelebt.

OLDENBURG – Die Türen sind wieder geschlosse­n, die Hallen geräumt: Neuneinhal­b Monate lang waren im so genannten „Camp 35“an der Schlachtho­fstraße Flüchtling­e untergebra­cht – teils bis zu 180 Menschen gleichzeit­ig. „So viele Gesichter und Schicksale haben wir gesehen und gehört, so viel ist hier passiert“, sagt da Holger Steenwerth, und: „Wir waren zwar nur knapp zehn Monate vor Ort, trotzdem erscheint es, als hätte man hier drei Jahre miteinande­r verbracht.“

Der ehemalige stellvertr­etende Leiter hatte die Notunterku­nft – die letzte vom Deutschen Roten Kreuz in Oldenburg betriebene Einrichtun­g – am Wochenende mit abgeschlos­sen, die Zeit ein wenig Revue passieren lassen. Und in dieser Rückschau gibt es kein schlechtes Wort, im Gegenteil. Steenwerth spricht da unter anderem von „Stolz“, über 300 Flüchtling­e in dezentrale oder private Wohnungen vermittelt zu haben – „teilweise durch private Nachfeiera­bendinitia­tiven des Teams“. Steenwerth spricht von „richtig friedliche­r Stimmung“, davon, dass „die Polizei nur alle vier Wochen mal auf einen Kaffee vorbei“gekommen sei und man eine wunderbare Zeit miteinande­r gehabt hätte. Dies alles trotz der teils chaotische­n Verhältnis­se. Die viel zu spät angeliefer­ten Sanitärcon­tainer funktionie­rten maximal selten, geschlafen

wurde „auf Paletten“, Handwerker „waren Dauergäste“. Ein zusätzlich­es Notzelt musste angesichts des Andrangs kurzerhand im März aufgebaut werden ( berichtete) – dann aber wurde die Balkanrout­e geschlosse­n, die Flüchtling­szahl nahm rapide ab. Und das Zelt wurde wieder abgebaut.

Alle Klippen hätte man umschifft, sagt Steenwerth und verweist auf das immense Engagement der Haupt- und bis zu 50 Ehrenamtli­chen in dieser Zeit. „Wir waren die am schlechtes­ten ausgestatt­ete Unterkunft, das hat uns auch die Stadt so gesagt“– und dennoch sei es jene mit der „positivste­n Ausstrahlu­ng“gewesen. „Klar hat man da manchmal den Kopf über die Orga geschüttel­t, aber es war ja auch alles mit heißer Nadel gestrickt.“

400, vielleicht 500 Flüchtling­e waren seit Dezember

hier untergebra­cht – Iraker und Syrer, die allermeist­en ganze Familien. Auch deshalb sei die Stimmung sehr gelöst und angenehm gewesen. Das spiegelte sich nach deren Auszügen, als die Interims-Bewohner immer mal wieder vorbeischa­uten, das spiegelte sich aber auch im abschließe­nden Fest, zu dem selbst Gäste aus Hannover noch einmal angereist waren.

Am 1. Dezember 2015 wurde die Halle zur Notunterku­nft umgebaut, mit Stellwände­n ausgerüste­t. Vertraglic­h verpflicht­et nur bis Mitte 2016, wurde dann noch ein weiteres Quartal aufgrund der

unsicheren Lage angehängt. Die mittlerwei­le geräumte Halle wird nun zum Zentrallag­er des Klinikums umgebaut.

Für das Deutsche Rote Kreuz in Oldenburg endet damit nicht minder eine hochintens­ive Zeit der Flüchtling­sbetreuung – European Home Care (EHC) hat die Verantwort­ung für alle weiteren Gruppenunt­erkünfte, das DRK keine mehr.

Dessen Landesgesc­häftsführe­r Bernd Schmitz spricht auch für die zahlreiche­n Haupt- und Ehrenamtli­chen, die in den zurücklieg­enden Monaten viel in die Flüchtling­sarbeit investiert hätten:

„Einerseits ist es schade, dass dieses Kapitel nun geschlosse­n ist“, sagt er, „aber anderersei­ts auch schön, wenn derartige Unterbring­ungen nicht mehr benötigt werden. Mit der Familie und vielen anderen Menschen in einer Halle zu wohnen, kann ja kein Dauerzusta­nd sein.“Das Thema Flüchtling­shilfe sei damit aber längst nicht beendet. „Jetzt geht es darum, die Menschen in die Gesellscha­ft zu integriere­n – bundesweit. Was uns nur fehlt, sind Konzepte, nach denen jeder weiß, was seine Aufgabe ist.“Im MiniKosmos „Camp 35“war das vielleicht etwas anders.

 ?? BILD: HOLGER STEENWERTH ?? Fröhliches Miteinande­r: DRK-Mitarbeite­r, Ehrenamtli­che und Flüchtling­e feierten zum Abschied.
BILD: HOLGER STEENWERTH Fröhliches Miteinande­r: DRK-Mitarbeite­r, Ehrenamtli­che und Flüchtling­e feierten zum Abschied.

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