CDU muss schnell Wähler von der AfD zurückgewinnen
FRAGE: Sie fordern, dass die Union künftig auch Regierungskoalitionen mit der AfD eingehen soll. Würden die Rechtspopulisten damit nicht hoffähig?
WINKLER: Ich habe bewusst überspitzt, um die Debatte darüber anzustoßen. Momentan kann ich mir nur schwer eine Zusammenarbeit mit der AfD vorstellen, wenn ich an einige ihrer Führungsleute denke. Wenn SPD und Grüne mit der Linkspartei koalieren, bleibt der Aufschrei aus. In der Linkspartei gibt es Linksextremisten, die sich nicht von Gewalt distanzieren. Die Anhänger der AfD werden dagegen einfach als brauner Mob und Nazis abgetan. In Koalitionen mit der AfD in den Ländern könnte man die Partei auch entlarven. Dann wird deutlich, dass sie nicht regierungsfähig sind und außer Protest nicht viel zu bieten haben.
FRAGE: Aber es gibt reihenweise rechtsextreme Führungsleute wie Bernd Höcke, die hetzen und sich der Sprache der Nazis bedienen. Da ist die Zusammenarbeit für Sie kein Problem?
WINKLER: Wenn sich die AfD nicht von völkischen Aussagen distanziert, bleibt das ta- bu. In Zukunft müssen wir aber alles daransetzen, die 20 bis 25 Prozent der Wählerschaft der AfD wieder zurückzugewinnen. Wenn sich alle gegen die AfD stellen und die Partei und ihre Anhänger nur verteufeln, wird das nicht gelingen. Wir müssen die AfD stellen. Wenn es uns nicht gelingt, deren Wähler zurückzugewinnen, habe ich Angst um den Inneren Frieden in Deutschland.
FRAGE: Was macht die CDU falsch, dass sie eine Landtagswahl nach der anderen verliert?
WINKLER: Die CDU hat zu viele ihrer Werte und der klassischen konservativen Positionen aufgegeben. Das reicht von der Energiepolitik über die Familienpolitik bis hin zur Flüchtlingspolitik. Viele CDU-Wähler, die heute den „Wahlomat“nutzen, müssen feststellen, dass ihre Positionen zu 70 Prozent mit denen der AfD übereinstimmen. Die CDU hat sich in den letzten Jahren zu weit nach links bewegt. Jetzt muss sie sich wieder stärker auf ihre klassischen Grundwerte besinnen. Wir können das mit Angela Merkel schaffen, wenn sie und ihr Umfeld die politischen und gesellschaftlichen Realitäten in Zukunft besser einschätzen als bisher. „Wir schaffen das“und „Weiter so“reichen nicht mehr aus.
Hermann Winkler (53, CDU) aus dem sächsischen Grimma ist Mitglied des Europäischen Parlaments.