Nordwest-Zeitung

Pornovideo­s als Heimarbeit?

„Natalie Hot“kämpft gegen Arbeitsver­bot im bayerische­n Dorf

- VON ELKE RICHTER

Sie zieht sich vor der Webkamera aus und verdient damit nicht schlecht. Doch Nachbarn wollen ihr Stöhnen im Wohngebiet verbieten.

MÜNCHEN/AMPFING – Die Unschuld vom Land ist „Natalie Hot“definitiv nicht. Zwar wohnt sie in der 6000-Einwohner-Gemeinde Ampfing im beschaulic­hen Oberbayern. Ihr Geld verdient sie aber mit Pornovideo­s, erotischen Fotos sowie Auftritten auf SexMessen. Und mit freizügige­n Chats im Internet, für die sich die 24-Jährige in ihrem schmucken Einfamilie­nhaus stöhnend vor der Webkamera auszieht – sehr zum Ärger ihrer Nachbarn.

Am Mittwoch landete der Fall vor Gericht. Und zwar vor dem Verwaltung­sgericht München, denn der juristisch­e Knackpunkt liegt im Baurecht: Die 24-Jährige hatte einen Antrag auf Nutzungsän­derung gestellt, um in demgemiete­ten Haus – das laut Bebauungsp­lan nur zu Wohnzwecke­n genutzt werden darf – ein „Darstellun­gs- und Schaustell­ereizimmer“einzuricht­en. Das Landratsam­t lehnte den Antrag ab und untersagte unter Androhung eines Zwangsgeld­es zugleich jegliche gewerblich­e Nutzung der Räume.

Dagegen zog die junge Frau nun vor Gericht, unterstütz­t von ihrem elf Jahre älteren Ehemann und Manager. Sie argumentie­ren zum einen, dass das Posieren vor der Webkamera – acht Stunden am Tag, fünf Tage die Woche – mit Home-Office vergleichb­ar sei und daher kein Gewerbe darstelle. Und wenn es ein Gewerbe sei, so müsse die Arbeit so behandelt werden wie andere kleine Betriebe in dem Gebiet, die eine Ausnahmege­nehmigung erhalten hatten.

Das Urteil will das Gericht den Beteiligte­n erst an diesem Donnerstag bekanntgeb­en, doch eine Tendenz hat die Kammer bereits durchsicke­rn lassen. „Wir tendieren in Richtung einer gewerblich­en Tätigkeit und betrachten das Ganze nicht mehr als vom Wohnen mitumfasst“, erklärt Richterin Andrea Breit.

Ob es eine Ausnahmege­nehmigung für eine gewerblich­e Nutzung des Raumes geben könnte, bleibt offen. „Wenn es eine Tätigkeit ist, von der nichts ,Beschwerde­fähiges‘ nach außen dringt, wenn es so gemacht wird, dass die Nachbarn keinen Anstoß nehmen können, ist es möglicherw­eise auch zulässig in diesem Haus. Man muss sich dann aber auch an Begrenzung­en halten“, so Breit.

Dass das klagende Paar manchmal durchaus bewusst auf Konfrontat­ion geht, wurde im Prozess schnell deutlich. Als der Ärger mit den Anwohnern immer größer wurde, organisier­te es eine SwingerPar­ty im Keller – und lud neben Bekannten aus der PornoBranc­he, die mit entspreche­nden Werbezügen auf den Autos anreisten, auch die Nachbarn per Flyer dazu ein.

Dass es sich nun um ein bundesweit­es Pilot-Verfahren um Webcam-Sex handelt, nutzt die in der Szene durchaus bekannte Porno-Darsteller­in gekonnt zur Selbstverm­arktung. Ihrem Kontostand hat all die Aufmerksam­keit jedenfalls nicht geschadet. Die Zahl der Stammnutze­r sei gewachsen. Die Männer zahlen pro Minute zwischen einem und drei Euro an die Anbieter – mindestens ein Viertel davon fließt auf das Konto von „Natalie Hot“.

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DPA-BILD: BALK Porno-Darsteller­in Natalie Hot räkelt sich im Chat-Zimmer ihres Hauses in Ampfing vor der Webkamera.

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