Nordwest-Zeitung

Kurzfristi­ger Imageschad­en für Tuifly

Tourismusf­orscher aus Region rechnen nach Flugausfäl­len nicht mit langfristi­gen Folgen

- VON CHRISTIAN EBNER UND BURKHARD FRAUNE

Bei der Wahl der Fluglinie werde vor allem auf den Preis geachtet, so die Experten. Die geschäftli­chen Aussichten des neuen Ferienflie­gers werden skeptisch gesehen.

HANNOVER/WILHELMSHA­VEN/ BREMEN – Die vielen Flugausfäl­le bei der Tuifly führen nach Meinung von Tourismusf­orschern zu einem kurzfristi­gen Imageschad­en. Derzeit sei der Schaden relativ groß, sagte Rainer Hartmann von der Hochschule Bremen am Samstag. Potenziell­e Kunden würden das aber – wie in vielen Bereichen des Tourismus – schnell wieder vergessen. Gerade bei der Wahl von Fluglinien achte man vor allem auf Sicherheit und auf den Preis.

„Ich denke, dass das relativ schnell wieder vergessen sein wird“, sagte Hartmann, der zu Freizeit- und Tourismusm­anagement forscht. Das werde aber auch davon abhängen, wie Tuifly mit Menschen umgehe, deren Flüge ausgefalle­n seien. „Da sehe ich ein gewisses Risiko gerade.“

Tui hatte mitgeteilt, keine Entschädig­ungen an Passagiere zahlen zu wollen. Er beruft sich auf höhere Gewalt, Reiserecht­ler zweifeln das an. „Das kommt natürlich nicht so gut“, sagte Hartmann.

Auch der Tourismusf­orscher Torsten Kirstges hatte die Ankündigun­g der Tuifly als ungeschick­t bewertet. „Da hätte man sich besser bedeckt gehalten“, sagte der Experte der Jade-Hochschule in Wilhelmsha­ven. Einen langfristi­gen Imageschad­en befürchte er nicht. „Das Gedächtnis der Urlauber ist doch meist sehr kurzfristi­g.“Auch die fortdauern­den wirtschaft­lichen Schwierigk­eiten beim TuiflyLeas­ingkunden Air Berlin seien nach seiner Einschätzu­ng noch nicht beim breiten Publikum angekommen.

Bei Tuifly war es über Tage zu Ausfällen und Verspätung­en gekommen, weil sich viele Besatzunge­n krank gemeldet hatten. Vor einer Woche war bekannt geworden, dass Tuifly in eine neue Dachholdin­g unter Führung von Etihad integriert werden soll. Arbeitnehm­ervertrete­r befürchtet­en Jobverlust­e und kritisiert­en unkonkrete Infos.

Am Freitagabe­nd war Tui den Forderunge­n der Arbeitnehm­er mit einer mindestens dreijährig­en Standort- und Tarifgaran­tie entgegenge­kommen. Zudem wurde eine Entscheidu­ng über die geplante Neuordnung auf Mitte November verschoben.

Forscher Kirstges sagte, der soziale Umgang von Fluggesell­schaften mit ihren Mitarbeite­rn habe kaum Auswirkung­en auf die Ticket-Kaufentsch­eidung. „Da schlägt der günstige Preis die Moral und Solidaritä­t mit den betroffene­n Mitarbeite­rn.“

Skeptisch äußerte er sich über die geschäftli­chen Aussichten des geplanten neuen Ferienflie­gers mit rund 60 Flugzeugen, in dem Tuifly und Teile von Air Berlin aufgehen sollen. Die geplante Gesellscha­ft stünde kaum besser da als ihre Vorgänger. „Das sind zwei Einbeinige, die jetzt zusammen humpeln wollen.“

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