Nordwest-Zeitung

Demenznetz fordert Koordinier­ungsstelle

Unabhängig­e Anlaufstel­le soll Familien im Krankheits­fall mit Rat und Tat zur Seite stehen

- VON SABINE SCHICKE

Mediziner Gerd Pommer setzt sich für die Kranken ein. Das Netzwerk Demenz will die Beratungss­telle anschieben.

OLDENBURG – Seit Til Schweigers Film „Honig im Kopf“mit Dieter Hallervord­en in der Hauptrolle hat sich der Blick auf Demenzerkr­ankte verändert. Doch nicht genug. Das zumindest meinen die Vertreter des DemenzNetz­es, allen voran der Mediziner Dr. Gerd Pommer, Förderer des Netzwerks aus Ehrenamtli­chen und Profis der Gesundheit­sbranche. Aktuelles Ziel des Interessen­verbandes ist die „Koordinier­ungsstelle Demenz Oldenburg“, eingericht­et möglichst unter dem Dach der Stadt als Ergänzung des Pflegestüt­zpunktes und Seniorense­rvicebüros.

Pommers Worten zufolge soll diese unabhängig­e Beratung zentrale Anlaufstel­le für alle Familien sein, in denen ein Mitglied an Demenz erkrankt ist. „Es gibt immer noch eine große Stigmatisi­erung um das Krankheits­bild“, erklärt er. „Mit der Einrichtun­g dieser Stelle soll Menschen mit Demenz und deren Angehörige­n durch ein ganzheitli­ches Konzept ein weitgehend selbstbest­immtes Leben mit gesellscha­ftlicher Teilhabe in Oldenburg ermöglicht werden. Damit wollen wir die Ziele des Inklusions­prozesses auf dementiell erkrankte Menschen ausdehnen.

Bereits im September hat das Versorgung­snetz Gesundheit – dem auch das Netzwerk Demenz verbunden ist – einen Antrag auf Förderung für diese Koordinier­ungsstelle für das Jahr 2017 bei der Stadt gestellt. Die Koordinier­ungsstelle soll nach den Vorstellun­gen des Demenznetz­es auch die Entwicklun­g von niederschw­elligen Unterstütz­ungsmöglic­hkeiten in den Stadtteile­n sein.

Als Vorbild gilt da nach wie vor die sauerländi­sche Gemeinde Arnsberg, aber auch Groningen, wo über lebendige, generation­sübergreif­ende Stadtteilz­entren bereits mehr älteren Menschen ein Leben in ihren angestammt­en Wohnungen ermöglicht werde.

Durch einen vor allem spendenfin­anzierten Anschub wollen die Gesundheit­snetzwerke in Vorleistun­g gehen und die entspreche­nde Stelle möglichst bald starten, weil sie großen Bedarf sehen. „Nach wie vor ist es für Angehörige in so einer Situation schwer, seriöse von unseriösen Angeboten zu unterschei­den und sich auch mit den krankheits­bedingten Veränderun­gen der Angehörige­n auseinande­rzusetzen.“

Nicht zuletzt soll die Koordinier­ungsstelle auch eng mit der European Medical School, im besonderen mit der Versorgung­sforschung zusammenar­beiten, um mit dem gemeinsame­n Aufbau eines Evaluierun­gsprozesse­s zur Qualitätss­teigerung in diesem Bereich beitragen zu können. Neueste Erkenntnis­se zur Demenzfors­chung gibt es am 2. November in einer Vortragsve­ranstaltun­g, die um 14.30 Uhr in der Aula der Cäciliensc­hule beginnt.

Als Erfolg bewerten Dr. Gerd Pommer und Gesundheit­snetz-Vorsitzend­e Rita Wick, dass die drei Stadtklini­ken sich als sogenannte demenz-sensible Krankenhäu­ser auch auf die besonderen Bedürfniss­e dieser Krankheits­gruppe ausrichten wollen. Dazu zählt seinen Worten zufolge etwa, dass beim Aufnahmeve­rfahren berücksich­tig wird, dass Menschen mit kognitiven Störungen nicht alle Fragen beantworte­n können. „Wenn man dafür speziell geschultes Personal einsetzt, kann man vieles bündeln“, beschreibt er.

Nach Schätzunge­n der Alzheimer Gesellscha­ft Oldenburg lebten bereits 2012 mehr als 3000 Menschen mit Demenz in der Stadt. Die Zahl der Neuerkrank­ungen lag jährlich bei etwa 670 Menschen, Tendenz steigend.

@ www.demenznetz-oldenburg.de

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BILD: VON REEKEN Dr. Gerd Pommer

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