Nordwest-Zeitung

Viele Alt-Nazis im Ministeriu­m

Justizmini­ster Maas stellt Studie vor

- VON SEBASTIAN ENGEL

BERLIN – Mehr als die Hälfte der Führungskr­äfte des Justizmini­steriums in der jungen Bundesrepu­blik sind zuvor Mitglieder der NSDAP gewesen. Viele aus der Leitungseb­ene waren vor 1945 zudem in den Ministerie­n des NSStaates direkt an der Umsetzung des „Führerwill­ens“beteiligt, wie aus einer am Montag in Berlin vorgestell­ten Untersuchu­ng über die NSVergange­nheit hervorging. „Es gab eine hohe personelle Kontinuitä­t zwischen der Nazi-Justiz und dem Justizmini­sterium der jungen Bundesrepu­blik“, sagte Minister Heiko Maas (SPD). „Und diese Kontinuitä­t hatte fatale Folgen: Sie hat den demokratis­chen Neubeginn belastet, behindert und verzögert.“

Eine unabhängig­e wissenscha­ftliche Kommission hatte sich vier Jahre lang mit der NS-Vergangenh­eit des Ministeriu­ms beschäftig­t. Für die Zeit von etwa 1949/1950 bis 1973 untersucht­e sie 170 Führungskr­äfte des Ministeriu­ms, also Abteilungs-, Unterabtei­lungsund Referatsle­iter.

Maas zufolge waren 53 Prozent von ihnen ehemalige NSDAP-Mitglieder, jeder fünfte war ein SA-Mann, und 16 Prozent kamen aus dem früheren Reichsjust­izminister­ium. Der Bericht zeige auch die Folgen der personelle­n Kontinuitä­t: Viele Gesetze seien nur oberflächl­ich entnazifiz­iert worden, viele Nazi-Opfer seien auch in der jungen Bundesrepu­blik weiter diskrimini­ert worden, etwa Homosexuel­le.

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