Sicherheitsdebatte neu entbrannt
Nach Festnahme des Bombenbauers von Chemnitz streitet die Politik
BERLIN – Aufatmen nach der Festnahme des terrorverdächtigen Syrers in Leipzig – Montagnachmittag dann verdichteten sich die Hinweise, dass der Bombenbauer Dschaber al-Bakr Verbindungen zum Islamischen Staat (IS) hatte. Sollte der als Flüchtling getarnte 22-Jährige aus Chemnitz im Auftrag der Terrormiliz in Deutschland einen Anschlag verüben?
Die Ermittler hatten 1,5 Kilogramm des hochexplosiven Sprengstoffs TATP bei ihm sichergestellt, der auch bei den Attentaten von Paris und Brüssel eingesetzt worden war. Vieles deutet nach Angaben des sächsischen Landeskriminalamtes darauf hin, dass ein Sprengstoffanschlag unmittelbar bevorgestanden hat.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière sieht Ähnlichkeiten zu den Terroranschlägen von Paris und Brüssel. „Die Vorbereitungen in Chemnitz ähneln nach allem, was wir heute wissen, den Vorbereitungen zu den Anschlägen in Paris und Brüssel“, erklärte der CDU-Politiker am Montag. Die Ermittlungen machten deutlich, dass Taten wie in Frankreich und Belgien auch in Deutschland nicht auszuschließen seien. Doch zeige der Fall auch, „dass unsere Sicherheitsbehörden sehr wachsam sind und dass unser Rechtsstaat wehrhaft ist“, so de Maizière.
Deutschland stehe unverändert im Zielspektrum des internationalen Terrorismus, die Bedrohungslage sei nach wie vor hoch, warnt der Bundesinnenminister. Aus den Reihen von CDU und CSU wird jetzt erneut der Ruf nach Konsequenzen und einem weiteren Sicherheitspaket laut. So fordern Innenexperten der Union, potenzielle Terror-Gefährder schneller in Haft nehmen zu können. So müsse es künftig den Haftgrund der Gefährdung der Öffentlichen Sicherheit und Ordnung geben, bekräftigte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer (CSU), einen entsprechenden Vorstoß des Bundesinnenministers aus dem Sommer.
Zuletzt hatte de Maizière davor gewarnt, dass die Sicherheitsbehörden in Deutschland mehr als 520 islamistischer Gefährder im Visier hätten, bei denen man davon ausgehe, das sie möglicherweise Anschläge begehen würden – und damit so viele wie nie zuvor. Um einen solchen Verdächtigen rund um die Uhr zu observieren, würden bis zu 30 Beamte benötigt, heißt es seitens der Ermittlungsbehörden. Angesichts der Personalnöte der Polizei sei dies kaum machbar. SPD und Opposition lehnen Präventiv-Haft für Gefährder ab, sehen darin einen Verstoß gegen grundlegende Rechtsstaatsprinzipien.
Wie schon die Attentäter von Würzburg und Ansbach war auch der Terrorverdächtige aus Chemnitz als Flüchtling nach Deutschland gekommen. Unionspolitiker verlangen daher erneut, Asylbewerber besser bei der Einreise und Aufnahme zu überprüfen. Dabei müssten auch die Geheimdienste miteinbezogen werden, um potenzielle IS-Kämpfer zu ermitteln. CSU-Chef Horst Seehofer forderte, alle Flüchtlinge, die bereits in Deutschland seien, nachrichtendienstlich zu überprüfen – und nicht nur Neuankömmlinge genauer zu kontrollieren. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sprach sich für eine „Totalrevision“der Registrierung von Flüchtlingen aus.
Schärfere Gesetze und neue Sicherheitspakete? Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel schließt das nicht aus: „Wir müssen alles Menschenmögliche tun, notfalls dann auch die Gesetze verändern, um die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten“, erklärte sie.