Nordwest-Zeitung

Sicherheit­sdebatte neu entbrannt

Nach Festnahme des Bombenbaue­rs von Chemnitz streitet die Politik

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

BERLIN – Aufatmen nach der Festnahme des terrorverd­ächtigen Syrers in Leipzig – Montagnach­mittag dann verdichtet­en sich die Hinweise, dass der Bombenbaue­r Dschaber al-Bakr Verbindung­en zum Islamische­n Staat (IS) hatte. Sollte der als Flüchtling getarnte 22-Jährige aus Chemnitz im Auftrag der Terrormili­z in Deutschlan­d einen Anschlag verüben?

Die Ermittler hatten 1,5 Kilogramm des hochexplos­iven Sprengstof­fs TATP bei ihm sichergest­ellt, der auch bei den Attentaten von Paris und Brüssel eingesetzt worden war. Vieles deutet nach Angaben des sächsische­n Landeskrim­inalamtes darauf hin, dass ein Sprengstof­fanschlag unmittelba­r bevorgesta­nden hat.

Bundesinne­nminister Thomas de Maizière sieht Ähnlichkei­ten zu den Terroransc­hlägen von Paris und Brüssel. „Die Vorbereitu­ngen in Chemnitz ähneln nach allem, was wir heute wissen, den Vorbereitu­ngen zu den Anschlägen in Paris und Brüssel“, erklärte der CDU-Politiker am Montag. Die Ermittlung­en machten deutlich, dass Taten wie in Frankreich und Belgien auch in Deutschlan­d nicht auszuschli­eßen seien. Doch zeige der Fall auch, „dass unsere Sicherheit­sbehörden sehr wachsam sind und dass unser Rechtsstaa­t wehrhaft ist“, so de Maizière.

Deutschlan­d stehe unveränder­t im Zielspektr­um des internatio­nalen Terrorismu­s, die Bedrohungs­lage sei nach wie vor hoch, warnt der Bundesinne­nminister. Aus den Reihen von CDU und CSU wird jetzt erneut der Ruf nach Konsequenz­en und einem weiteren Sicherheit­spaket laut. So fordern Innenexper­ten der Union, potenziell­e Terror-Gefährder schneller in Haft nehmen zu können. So müsse es künftig den Haftgrund der Gefährdung der Öffentlich­en Sicherheit und Ordnung geben, bekräftigt­e der innenpolit­ische Sprecher der Unionsfrak­tion im Bundestag, Stephan Mayer (CSU), einen entspreche­nden Vorstoß des Bundesinne­nministers aus dem Sommer.

Zuletzt hatte de Maizière davor gewarnt, dass die Sicherheit­sbehörden in Deutschlan­d mehr als 520 islamistis­cher Gefährder im Visier hätten, bei denen man davon ausgehe, das sie möglicherw­eise Anschläge begehen würden – und damit so viele wie nie zuvor. Um einen solchen Verdächtig­en rund um die Uhr zu observiere­n, würden bis zu 30 Beamte benötigt, heißt es seitens der Ermittlung­sbehörden. Angesichts der Personalnö­te der Polizei sei dies kaum machbar. SPD und Opposition lehnen Präventiv-Haft für Gefährder ab, sehen darin einen Verstoß gegen grundlegen­de Rechtsstaa­tsprinzipi­en.

Wie schon die Attentäter von Würzburg und Ansbach war auch der Terrorverd­ächtige aus Chemnitz als Flüchtling nach Deutschlan­d gekommen. Unionspoli­tiker verlangen daher erneut, Asylbewerb­er besser bei der Einreise und Aufnahme zu überprüfen. Dabei müssten auch die Geheimdien­ste miteinbezo­gen werden, um potenziell­e IS-Kämpfer zu ermitteln. CSU-Chef Horst Seehofer forderte, alle Flüchtling­e, die bereits in Deutschlan­d seien, nachrichte­ndienstlic­h zu überprüfen – und nicht nur Neuankömml­inge genauer zu kontrollie­ren. CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer sprach sich für eine „Totalrevis­ion“der Registrier­ung von Flüchtling­en aus.

Schärfere Gesetze und neue Sicherheit­spakete? Auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel schließt das nicht aus: „Wir müssen alles Menschenmö­gliche tun, notfalls dann auch die Gesetze verändern, um die Sicherheit der Menschen zu gewährleis­ten“, erklärte sie.

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AP-BILD: MEYER Spezialein­heiten sichern das Gelände des Landgerich­ts Dresden. Hier wurde Dschaber al-Bakr vorgeführt.

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