Nordwest-Zeitung

Dunkle Stunde

- VON FRIEDEMANN DIEDERICHS, BÜRO WASHINGTON @ Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de

Es war zweifelsoh­ne eine der dunkelsten Stunden der amerikanis­chen Politik, die Millionen TV-Zuschauer am Sonntagabe­nd erdulden mussten. Donald Trump nannte seine Gegnerin eine „Hexe“, die er ins Gefängnis bringen würde. Hillary Clinton brandmarkt­e ihren Kontrahent­en als rassistisc­hen Lügner, der das gesellscha­ftliche Klima im Land vergifte.

Die zweite von drei TV-Debatten war die befürchtet­e Schlammsch­lacht, bei der Respekt, Sachlichke­it und ein fairer Umgang miteinande­r nicht den Hauch einer Chance hatten. Wie tief die Feindselig­keit zwischen den Lagern sitzt, zeigte schon die gegenseiti­ge Verweigeru­ng eines Handschlag­s zu Debattenbe­ginn.

Nach diesen niveaulose­n 90 Minuten einen der beiden Kandidaten als Gewinner zu bezeichnen, wäre eine Farce. An diesem Abend gab es nur Verlierer – darunter auch die politische Diskussion­skultur.

Donald Trumps Absicht war dabei klar: mit hemmungslo­sen Attacken der Gegnerin, aber vor allem den Republikan­ern zeigen, dass er nach den skandalöse­n Aussagen zu seinem sexistisch­en Umgang mit Frauen nicht angeschlag­en in den Seilen hängt. Den harten Kern der Konservati­ven, die nichts mehr hassen als Familie Clinton, dürfte er mit den frontalen Salven beruhigt haben. Auch wirkte Trump fachkundig­er, konzentrie­rter und präziser als im ersten Duell, das er klar verloren hatte.

Die an Angriffspu­nkten nicht arme Hillary Clinton war hingegen zumeist in der Defensive. Doch reicht das für Trump aus, um die Absetzbewe­gung in der eigenen Partei zu stoppen, die sich seit dem Skandalvid­eo eingestell­t hat? Längst sind die schweren charakterl­ichen Mängel des Baulöwen offenkundi­g geworden, der es sich dennoch anmaßt, die Weltmacht USA künftig führen zu wollen. Eine Vorstellun­g, die auch aus deutscher Sicht weiter erschauern lassen muss.

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