Nordwest-Zeitung

Wie man Musik und Legosteine kunstvoll verbindet

Neue Erklär-Reihe des Staatsorch­esters unter Thomas Honickel – Für Erwachsene

- VON HORST HOLLMANN

OLDENBURG – Ein Begriff wie „Jemanden für dumm verkaufen“gehört zum soliden deutschen Sprachscha­tz. Doch warum gibt es nicht als Gegenstück einen Ausdruck wie „Jemanden für klug nehmen?“

Genau darauf zielt eine neue Konzertrei­he für neugierige Erwachsene im Staatsthea­ter ab: „Werkstattk­onzerte“. Schon bei ihrer Premiere im gut besuchten Kleinen Haus bereichert sie das Wissen von Neulingen und vergrößert den Wissenssch­atz von Kennern.

Thomas Honickel, Moderator und Dirigent des Staatsorch­esters, hat sich für eine fröhliche Ernsthafti­gkeit der Vermittlun­g entschiede­n. Da erlangen sogar Legosteine bei Erwachsene­n ungeahnte Bedeutung. Sie bilden musikalisc­he Strukturen plastisch ab – und sie machen scheinbar Unvorstell­bares vorstellba­r.

Da wäre der Finalsatz der „Jupitersin­fonie“von Wolfgang Amadeus Mozart. Mit seinen vier geheimnisv­ollen ganzen Noten und vier weiteren Themen und Motiven verbindet er kunstvoll das Musikantis­che mit dem Gelehrten. Fünf Farben der Legosteine bezeichnen die unfassbar als Sonate und Fuge verwebten Themen. Am Ende steht dafür ein Klotz, der an den Zauberwürf­el denken lässt.

Mancher hat sich zu Hause dieses Molto allegro wohl auf CD komplett angehört. Live hat sich die Werkstatt auf das Vorzeigen der Bauteile beschränkt.

Auch Johann Sebastian Bachs hat sich Honickel angenommen. Für den intensivst­en aller Fugentüftl­er macht er ein Rechenexem­pel auf. Nimmt man die Buchstaben B-A-C-H in ihrer Reihenfolg­e im Alphabet als Zahlen, dann ergibt ihre Summe 14: „Und 14 Noten hat Bach hinter das Ende seiner Kunst der Fuge gesetzt – als seine persönlich­e Unterschri­ft!“

Klug gewählt sind auch Beispiele von Antonio Vivaldi, Ottorino Respighi und Maurice Ravel, die hinter der Form die Farbe näher bringen. Bei Ravels eigener Orchestrie­rung des für Klavier vierhändig komponiert­en „Le jardin féerique“wird die Raffinesse Schritt für Schritt spürbar.

Mit dem letzten Satz der „Abschiedss­infonie“von Joseph Haydn legt das Orchester eine bejubelte Zugabe drauf. Dass die Musiker nach und nach die Bühne verlassen, ist eine köstliche Verballhor­nung des Werkstattk­onzerts: Das ist ja nun überhaupt nicht zum Weglaufen! Am 17. Dezember steht das nächste an.

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