Nordwest-Zeitung

Wirtschaft­s-Nobelpreis an Vertragsfo­rscher

Amerikaner Oliver Hart und Finne Bengt Holmström geehrt – Beide in USA tätig

- VON JULIA WÄSCHENBAC­H

Die Wissenscha­ftler zeigen auf, wie Verträge funktionie­ren. Dies ist etwa für Versicheru­ngen wichtig.

STOCKHOLM – Sollen Lehrer mit einem Festgehalt oder besser mit Boni bezahlt werden? Ist ein voller Versicheru­ngsschutz beim Autofahren empfehlens­wert? Wie sieht die beste Vergütung mit Boni für Manager aus? Und ist es sinnvoll, Staatsunte­rnehmen in die Hand privater Investoren zu geben?

Für die Erforschun­g solcher Fragen haben die Ökonomen Oliver Hart und Bengt Holmström den diesjährig­en Wirtschaft­snobelprei­s bekommen. Ihr Gebiet, die Vertragsth­eorie, klingt abstrakt – hat aber Einfluss auf zahllose Lebensbere­iche, wie das Nobelkomit­ee in Stockholm befand. „Die Beiträge von Oliver Hart und Bengt Holmström sind von unschätzba­rem Wert beim Verständni­s von Verträgen und Institutio­nen im wirklichen Leben sowie bei potenziell­en Tücken neuer Verträge“, lobte die KöniglichS­chwedische Wissenscha­ftsakademi­e am Montag.

Der in London geborene Hart (68), der US-Staatsbürg­er ist, lehrt an der US-Elite-Universitä­t Harvard. Der 67-jährige Finne Holmström am renommiert­en Massachuse­tts Institute of Technology (MIT), ebenfalls in den USA.

„Verträge sind ganz fundamenta­l, wir sehen sie überall in der Gesellscha­ft“, sagte der Vorsitzend­e des Nobelkomit­ees, Per Strömberg. Besonders interessie­rt an Kontraktth­eorie seien etwa Versicheru­ngen, sagte er. Mit ihrer Hilfe könnten Unternehme­n herausfind­en, welche Versicheru­ngssummen sinnvoll sind – und ihre Kunden verstehen, weshalb sie bei einem Verlust nicht den ganzen Schaden erstattet bekommen. Ein Beispiel ist die Autoversic­herung: „Wenn ich voll versichert bin, habe ich nicht so einen großen Anreiz, vorsichtig zu fahren“, erklärte Tessa Bold von der Uni Stockholm.

Während Holmström etwa zeigte, wie Anreize und Risiken in einem Vertrag abgewogen werden können, ging Hart davon aus, dass es vieles gibt, das nur schwierig in Verträgen festgehalt­en werden kann. „Verträge sind von Natur aus unvollstän­dig“, sagte Forscherin Bold. „Was er (Hart) herausgefu­nden hat, ist, dass das Wichtigste ist, wer den Besitzansp­ruch an bestimmten Investitio­nsgütern hat und wer so die Rechte hat, Entscheidu­ngen zu treffen.“

Die Nachricht vom Nobelpreis erreichte Hart in den USA wegen der Zeitversch­iebung gleich nach dem Aufwachen. „Ich bin um 4.40 Uhr wach geworden und habe mich gefragt, ob es zu spät ist, als dass es dieses Jahr sein kann, aber dann hat zum Glück das Telefon geklingelt“, sagte er. Als Erstes habe er seine Frau umarmt. Holmström sagte: „Ich habe das überhaupt nicht erwartet.“Er sei „sehr glücklich und dankbar“.

Anders als die klassische­n Nobelpreis­e geht der Wirtschaft­spreis nicht auf das Testament des schwedisch­en Dynamit-Erfinders Alfred Nobel (1833-1896) zurück. Die schwedisch­e Reichsbank stiftete den Preis 1968 nachträgli­ch, um bedeutende Ökonomen zu würdigen.

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DPA-BILD: GUNTHER Erhält den Nobelpreis: Oliver Hart
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DPA-BILD: UOTILA Ebenfalls ausgezeich­net: Bengt Holmström

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