Silas’ langer Weg zurück ins Leben
Seit Sturz aus Baum querschnittsgelähmt – 17-Jähriger arbeitet mit Familie an geregeltem Alltag
Krankenkasse und Unfallversicherung finanzierten Behandlung und Hausanbau. Der 17-Jährige besucht das Wirtschaftsgymnasium.
EVERSTEN/METJENDORF – An den Unfall heute genau vor einem Jahr kann sich Silas Palkowski noch sehr gut erinnern. Fürs Klettern, seine große Leidenschaft, hatte er sich an dem sonnigen Sonntag eine gesunde mächtige Buche in Neuenkruge ausgesucht. „Plötzlich gab ein Ast nach, im Reflex ließ ich los und stürzte aus acht Metern Höhe ab“, erzählt er.
Mit fatalen Folgen: Silas blieb bewegungsunfähig auf dem Boden liegen, zwei Rückenwirbel waren gebrochen. Seitdem ist der heute 17-Jährige vom Brustbein abwärts querschnittsgelähmt. Ohne ein aufmerksames Mädchen wäre Silas’ Schicksal möglicherweise anders verlaufen. Das Kind, dessen Namen die Palkowskis nicht kennen, fand den bewegungsunfähigen Silas etwa 30 Minuten nach dem Sturz und holte Hilfe. Die Erstversorgung übernahm der Vater des Mädchens, ein Feuerwehrmann. Während seine Tochter eine Boßeltruppe vom Verein KBV Haarenstroth, die sich in der Nähe aufhielt, herbeirief. Einer der Boßeler, ein Polizist, alarmierte den Notarzt. Silas kam in eine spezielle Rehaklinik in Hamburg, aus der er erst Monate später am 18. Mai entlassen wurde.
„Endlich“, freute sich Familie Palkowski, zu der Mutter Sabine, Vater Axel und Bruder Janus gehören. „Ich lebe einfach weiter. Wir gewöhnen uns gemeinsam an den neuen Alltag und stellen uns den Herausforderungen“, sagt Silas heute. Auch das Wirtschaftsgymnasium in Rostrup besucht er mittlerweile wieder, wird mit einem Taxi abgeholt aus seinem Elternhaus in Metjendorf und von einer Pflegerin bzw. einem Pfleger begleitet. Von 22 bis 6 Uhr zuhause und von 6 bis 14 Uhr mit dem Besuch der Schule wird der 17-Jährige betreut. Den Rest der Zeit decken Familie, Freunde und Nachbarn ab.
Stück für Stück holt sich Silas seine Eigenständigkeit zurück. Unterstützt wird er dabei von einer Infrarot-Umfeldsteuerung, mit der er den Fernseher, die Rollläden oder das Pflegebett bedienen kann. Auch im Wohnzimmer und in den übrigen Räumen des Hauses kommt er damit zurecht. Die Wege legt er in seinem elektrisch angetriebenen Rollstuhl zurück. Das Haus hat einen von der Unfallversicherung finanzierten 50 Quadratmeter großen barrierefreien Anbau erhalten, in dem Silas sich die meiste Zeit des Tages aufhält. „Ich bin ein offener Typ, gehe auf die Menschen zu, die allerdings manchmal ein wenig Berührungsängste haben“, erzählt er weiter. Krankenkasse und Unfallversicherung übernahmen den Großteil der Kosten, doch die Familie freut sich auch über Spenden von Menschen, die über die Oldenburger Horst-Heißenbüttel-Stiftung koordiniert werden. So wurde beispielsweise eine Handyhalterung für den Rollstuhl aber auch ein leistungsstarker Rechner angeschafft. Mit dem kann Silas am Computer spielen.
Der 17-Jährige freut sich nun darauf, möglicherweise einen Führerschein machen zu können. In Bremen soll es dafür eine Spezialfahrschule geben, hat er gehört. Sein Blick aufs Leben richtet sich nach vorn.