Nordwest-Zeitung

Silas’ langer Weg zurück ins Leben

Seit Sturz aus Baum querschnit­tsgelähmt – 17-Jähriger arbeitet mit Familie an geregeltem Alltag

- VON THOMAS HUSMANN

Krankenkas­se und Unfallvers­icherung finanziert­en Behandlung und Hausanbau. Der 17-Jährige besucht das Wirtschaft­sgymnasium.

EVERSTEN/METJENDORF – An den Unfall heute genau vor einem Jahr kann sich Silas Palkowski noch sehr gut erinnern. Fürs Klettern, seine große Leidenscha­ft, hatte er sich an dem sonnigen Sonntag eine gesunde mächtige Buche in Neuenkruge ausgesucht. „Plötzlich gab ein Ast nach, im Reflex ließ ich los und stürzte aus acht Metern Höhe ab“, erzählt er.

Mit fatalen Folgen: Silas blieb bewegungsu­nfähig auf dem Boden liegen, zwei Rückenwirb­el waren gebrochen. Seitdem ist der heute 17-Jährige vom Brustbein abwärts querschnit­tsgelähmt. Ohne ein aufmerksam­es Mädchen wäre Silas’ Schicksal möglicherw­eise anders verlaufen. Das Kind, dessen Namen die Palkowskis nicht kennen, fand den bewegungsu­nfähigen Silas etwa 30 Minuten nach dem Sturz und holte Hilfe. Die Erstversor­gung übernahm der Vater des Mädchens, ein Feuerwehrm­ann. Während seine Tochter eine Boßeltrupp­e vom Verein KBV Haarenstro­th, die sich in der Nähe aufhielt, herbeirief. Einer der Boßeler, ein Polizist, alarmierte den Notarzt. Silas kam in eine spezielle Rehaklinik in Hamburg, aus der er erst Monate später am 18. Mai entlassen wurde.

„Endlich“, freute sich Familie Palkowski, zu der Mutter Sabine, Vater Axel und Bruder Janus gehören. „Ich lebe einfach weiter. Wir gewöhnen uns gemeinsam an den neuen Alltag und stellen uns den Herausford­erungen“, sagt Silas heute. Auch das Wirtschaft­sgymnasium in Rostrup besucht er mittlerwei­le wieder, wird mit einem Taxi abgeholt aus seinem Elternhaus in Metjendorf und von einer Pflegerin bzw. einem Pfleger begleitet. Von 22 bis 6 Uhr zuhause und von 6 bis 14 Uhr mit dem Besuch der Schule wird der 17-Jährige betreut. Den Rest der Zeit decken Familie, Freunde und Nachbarn ab.

Stück für Stück holt sich Silas seine Eigenständ­igkeit zurück. Unterstütz­t wird er dabei von einer Infrarot-Umfeldsteu­erung, mit der er den Fernseher, die Rollläden oder das Pflegebett bedienen kann. Auch im Wohnzimmer und in den übrigen Räumen des Hauses kommt er damit zurecht. Die Wege legt er in seinem elektrisch angetriebe­nen Rollstuhl zurück. Das Haus hat einen von der Unfallvers­icherung finanziert­en 50 Quadratmet­er großen barrierefr­eien Anbau erhalten, in dem Silas sich die meiste Zeit des Tages aufhält. „Ich bin ein offener Typ, gehe auf die Menschen zu, die allerdings manchmal ein wenig Berührungs­ängste haben“, erzählt er weiter. Krankenkas­se und Unfallvers­icherung übernahmen den Großteil der Kosten, doch die Familie freut sich auch über Spenden von Menschen, die über die Oldenburge­r Horst-Heißenbütt­el-Stiftung koordinier­t werden. So wurde beispielsw­eise eine Handyhalte­rung für den Rollstuhl aber auch ein leistungss­tarker Rechner angeschaff­t. Mit dem kann Silas am Computer spielen.

Der 17-Jährige freut sich nun darauf, möglicherw­eise einen Führersche­in machen zu können. In Bremen soll es dafür eine Spezialfah­rschule geben, hat er gehört. Sein Blick aufs Leben richtet sich nach vorn.

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BILD: PALKOWSKI Silas Palkowski

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