Verdichtete Bebauung nach wie vor umstritten
Betrifft: „Neubau nimmt Nachbarn die Sonne“(Ð vom 17. September)
(...) Uns wird es ebenso ergehen: Am Zuschlag 6 soll ein 7-Familienhaus entstehen, wo nur Einfamilienhäuser sind. Wir haben ein kleines Grundstück von 356 Quadratmetern gleich neben diesem Gebäude (wir wohnen Heisterweg 39 A) und uns wurde zunächst vom Eigentümer erklärt, es würde ein 4-Familienhaus. Nach den Bauflächen ist dies wohl erlaubt, aber unser Verkaufswert unseres Hauses würde erheblich sinken, denn wer will schon auf so kleiner Fläche neben einem Block in dieser Größe wohnen.
Wenn wir vor 30 Jahren das erahnt hätten, hätten wir unser Grundstück nie erworben. Wir haben jetzt einen Antrag auf Nachbarbeteiligung gestellt, haben wohl aber wenig Aussicht auf Erfolg. Ich frage mich, wie kann die Stadt so etwas wollen? Marlis Janne Oldenburg
Sicher ist es für eine Großstadt richtig, dass bebaubare Fläche intensiv genutzt wird. Ich hätte mir allerdings eine entsprechende Lenkung gewünscht. Ein gutes Beispiel hierfür ist das neue Quartier am Stau.
Die Grundstückspreise in Oldenburg sind für den normalen Häuslebauer in unerreichbare Dimensionen gerückt. Zum Verkauf stehende Altbauten werden in der Regel von Investoren erworben, die das Grundstück wirtschaftlich bebauen und als Eigentumswohnungen vermarkten. Nachbarschaftliche Interessen oder das Einfügen in das bauliche Umfeld spielen dabei eher eine untergeordnete Rolle.
Verschärfend kommt hinzu, dass 2012 die Abstandsflächenregeln in der NBauO geändert wurden, so dass die alten Bebauungspläne noch weiter ausgereizt werden können.
Es entstanden mitunter bauliche Exzesse, die disharmonisch im Umfeld von Einund Zweifamilienhäusern zugelassen und geduldet werden. Dies hat nichts mit einer geplanten Stadt (= Stadtplanung) zu tun. Dabei wäre es ein Leichtes durch eine „Veränderungssperre“lenkend einzugreifen, da dann für „Verdichtungshäuser“ein Bauantragsverfahren erforderlich wäre. Offensichtlich hat die Stadt Oldenburg daran kein Interesse.
Übrig bleiben Altgebäude, welche neben einer exzessiven Verdichtung weiterhin bestehen bleiben müssen, aber einen erheblichen Wertverlust erleiden. Ein volkswirtschaftlicher Schaden von unvorstellbaren Ausmaßen! Matthias Hambrock Oldenburg
Räumliche Enge macht krank, und verursacht Stress. Diese Erkenntnis aus den engen Mietskasernen des 19. Jahrhunderts führte daher zu einem Städtebau ab den 1920iger Jahren, der geprägt sein sollte durch „Licht, Luft und Sonne“.
Dieser Anspruch wäre auch heute stressfrei für Bewohner und Nachbarn durch einen Bebauungsplan zu erreichen, aber bei Gebieten mit kleineren Grundstücken und hoher Ausnutzungsmöglichkeit bestimmen dann eben die Vorschriften der Baupolizei die Höhe und das Volumen des Gebäudes. Polizeiaufgaben sind Ländersache, und deshalb regelt die „Niedersächsische Bauordnung“mit den vorgeschriebenen Grenzabständen die Einhaltung von „Licht, Luft und Sonne“.
An das Landesgesetz hat sich die Baugenehmigungsbehörde in Oldenburg, eben aufgrund der Polizeiaufgaben keine direkte Stadtverwaltung, zwingend zu halten. So gesehen ist neben einem unmaßstäblich-rücksichtslosen Bebauungsplan der Stadt auch der Landtag zuständig für „Licht, Luft und Sonne“.
Wenn also der Investor die Festsetzungen eines Bebauungsplans nicht ausschöpft, dann liegt dies eben oft an den Grenz-Abstandsvorschriften. Besonders bei Bebauungsplänen der 1970-iger Jahre, als es noch wenig Erfahrung mit dem damals jungen Instrument (ab 1961) gab, kann ich Betroffenen nur empfehlen, frühzeitig Nachbarschaftsbelange geltend zu machen.
Nur so kann bei dem Begriff „Verdichtung“geklärt werden, ob landespolitische Vorgaben, eine falsche Stadtbaupolitik, so genannte „städtebauliche Gründe“oder lukrativere Investorenbelange zu einer öfter zu sehenden, kritischen Verschattung führen. Manfred Murdfield Oldenburg