Nordwest-Zeitung

Karibiksta­at im Krisenmodu­s

Zahl der Todesopfer nach Hurrikan „Matthew“in Haiti steigt weiter

- VON DENIS DÜTTMANN

Hurrikan „Matthew“hat den verarmten Karibstaat Haiti besonders schlimm getroffen. Hunderttau­sende suchen Schutz in Notunterkü­nften.

PORT-AU-PRINCE – Nach dem schweren Hurrikan „Matthew“steigt die Zahl der Todesopfer in Haiti immer weiter. Mindestens 372 Menschen kamen in dem Wirbelstur­m ums Leben, teilte der Zivilschut­z am Montag mit. In verschiede­nen Medien war von deutlich mehr Todesopfer­n die Rede. Mehr als 175000 Menschen suchten Schutz in Notunterkü­nften.

Wieder sind große Teile Haitis verwüstet. Vor Naturkatas­trophen ist in der Region niemand gefeit. Doch in dem Karibiksta­at lässt sich beobachten, was geschieht, wenn Naturkatas­trophen, Inkompeten­z, Korruption und Gewalt zusammentr­effen.

Das Land hatte schon keinen guten Start: Nachdem die erste schwarze Republik der Welt 1804 ihre Unabhängig­keit erklärte, musste Haiti an die früheren Kolonialmä­chte 90 Millionen Gold-Franc Entschädig­ung für deren Verlust – die Sklaven – zahlen. Die Geschichte Haitis begann mit einem Schuldenbe­rg. Eine kleptokrat­ische Elite plünderte Haiti über Jahrzehnte hinweg aus. Hinzu kamen Misswirtsc­haft und Korruption. Die einst reichste Kolonie im französisc­hen Reich verkam zum Armenhaus der westlichen Hemisphäre.

Ein verheerend­es Erdbeben mit mehr als 220 000 Todesopfer­n warf das Sorgenkind der Karibik 2010 zurück in die Steinzeit. Die internatio­nale Gemeinscha­ft pumpte Milliarden in das Land. Doch laut einem Bericht des UN Wiederaufb­aubeauftra­gten Bill Clinton liefen 90 Prozent der Hilfe an der haitianisc­hen Regierung vorbei. Viel Geld wurde verschwend­et.

Hinzu kommt, dass die politische Krise in Haiti zum Dauerzusta­nd geworden ist. Ein Streit zwischen Regierung und Opposition lähmt das Land. Wegen Manipulati­onsvorwürf­en wurde das Ergebnis der letzten Wahl annulliert. Seit Februar regiert Übergangsp­räsident Jocelerme Privert das Land.

Eigentlich hätte am Sonntag ein neuer Präsident gewählt werden sollen. Wegen Hurrikan „Matthew“sagten die Behörden die Wahl ab. Was Haiti braucht, ist eine handlungsf­ähige Regierung. Aber jetzt ist das Land erst einmal im Krisenmodu­s – wie schon so oft.

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AP-BILD: BLACKWELL Ein Frau und ihr Kind gehen in der Küstenstad­t Port Salut eine Straße entlang. Viele Häuser sind zerstört.

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