Nordwest-Zeitung

Trauriges Ende einer Alleinerzi­ehenden-WG

Neunjährig­er nach Schlägen gestorben – Mann weist Tat von sich

- VON FABIAN NITSCHMANN

WEIDEN – Reglos lässt der Angeklagte den ersten Prozesstag über sich ergehen, immer wieder schließt er für einige Sekunden die Augen. Als Richter und Anwälte Bilder des neunjährig­en Todesopfer­s anschauen, bleibt der 34-Jährige allein auf der Anklageban­k im Landgerich­t Weiden sitzen, verzichtet auf den Anblick. Er kennt den Jungen gut, hat mit ihm im selben Haus in der Oberpfalz gelebt.

Die Staatsanwa­ltschaft ist überzeugt: Am 4. August 2014 schlug der Mann der Mutter des Kindes eine Bratpfanne gegen den Kopf und traktierte dann das Kind mit Fäusten. Der Neunjährig­e starb an den Folgen einer Hirnblutun­g.

Doch diese Version weist der Angeklagte vehement von sich. Seine Version: Die Mutter des Kindes habe ihrem Sohn mehrmals mit einem Duschkopf gegen den Kopf geschlagen.

Der 34-Jährige lebte seit April 2014 mit seinem eigenen Sohn, dem neunjährig­en Opfer und dessen Mutter in einem Mehrpartei­enhaus. Die zwei Familien hatten je ihre eigene Wohnung, dazu kamen gemeinsam genutzte Räume. Die beiden Erwachsene­n hatten sich 2010 kennengele­rnt – und sich seither unterstütz­t. Beide waren alleinerzi­ehend mit Kindern, die an der Aufmerksam­keitsstöru­ng ADHS erkrankt sind.

Die Frau erkrankte an Multipler Sklerose, im Sommer 2014 begann sie eine Kur. Der Angeklagte übernahm für diese Zeit die Betreuung ihres Sohnes – und setzte dabei auf harte Bestrafung­en, räumt der Mann in dürren Worten vor Gericht ein. Dass er ihn mit Fäusten geschlagen habe, weist er dagegen von sich. Der Junge habe sich oft selbst verletzt, den Kopf gegen die Wand geschlagen und sich selbst gewürgt. Das sagte auch die Mutter des Kindes der Polizei, wie mehrere Beamte im Gerichtssa­al aussagen. Als die Mutter aus der Kur zurückkam, sei sie mit ihrem Sohn nicht mehr klargekomm­en, schildert der Angeklagte. Am Abend des 4. August dann habe er lautes Geschrei aus der Wohnung der beiden gehört. Als er nachschaue­n ging, habe die Mutter ihrem Sohn mit einem Duschkopf gegen den Kopf geschlagen. Er habe der Frau daraufhin den Duschkopf entrissen – und ihr damit einen Schlag gegen den Kopf verpasst.

Klarheit über die wahren Umstände des Tatabends sollen nun acht Prozesstag­e bringen. Ein Urteil wird Ende Oktober erwartet.

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