Nordwest-Zeitung

Neue Sanktionen gegen Russland greifen nicht

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

FRAGE: Nach dem Abbruch der Verhandlun­gen über eine Waffenruhe für Syrien wollen Russland und die Vereinigte­n Staaten ihre direkten Gespräche nun wieder aufnehmen. Gibt es jetzt doch eine Chance auf eine schnelle Waffenruhe? ERLER: Ich begrüße es nachdrückl­ich, wenn Kerry und Lawrow jetzt in Lausanne den Gesprächsk­ontakt erneuern und einen Ausweg aus der menschlich unerträgli­chen Situation in Aleppo und in ganz Syrien suchen. FRAGE: Aber bisher ist es mit Diplomatie nicht gelungen, die humanitäre Katastroph­e zu stoppen. ERLER: Der einzige Weg ist Beharrlich­keit. Der Druck muss aufrechter­halten und die russische Politik weiter öffentlich verurteilt werden. Andere Vorschläge, die jetzt gemacht werden, etwa die Verhängung weiterer Sanktionen, werden nicht greifen. FRAGE: Warum machen Wirtschaft­ssanktione­n aus Ihrer Sicht keinen Sinn? ERLER: Wir haben im Ukraine-Konflikt erlebt, dass die Wirtschaft­ssanktione­n auch zwei Jahre nach Inkrafttre­ten keinen Durchbruch gebracht haben. Solange können die Menschen in Aleppo auf keinen Fall warten. Wir müssen einen neuen Anlauf im Weltsicher­heitsrat starten, um eine Waffenruhe und sichere humanitäre Hilfe zu erreichen. Im Augenblick vermittelt Moskau leider den Eindruck, dass sie den Weg des syrischen Präsidente­n für eine militärisc­he Lösung unterstütz­en. Solange das anhält, sind die Chancen für ein Ende der Angriffe gering. Sanktionen in Zusammenha­ng mit dem Vorwurf von Kriegsverb­rechen würden als Bestrafung­saktion verstanden und zu einer weiteren Zuspitzung der Lage führen. FRAGE: Wo bleibt der Protest der Massen? ERLER: Es ist schon erschütter­nd, was wir in Syrien erleben. Aber wir müssen genau überlegen, wie man deeskalier­en und ein Ende der Kämpfe erreichen kann. Eine weitere Belastung des ohnehin aktuell schwierige­n Verhältnis­ses zu Moskau würde keinem Menschen in Aleppo helfen. Die Vorwürfe aus Paris und London in Richtung Kreml haben jetzt Möglichkei­ten zu Verhandlun­gen erschwert. Es wird keine Reise des russischen Präsidente­n nach Frankreich geben. Noch ist unsicher, ob der Kreml-Chef am 19. Oktober zu einem Normandie-Treffen nach Berlin kommen wird, um über die Ukraine-Krise zu beraten.

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DPA-BILD: SEEGER

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