Nordwest-Zeitung

Vielen Deutschen sind Kinder zu teuer

63 Prozent nennen Kosten als Grund für Verzicht – Bis zur Volljährig­keit knapp 130 000 Euro

- VON MARKUS KLEMM

In Deutschlan­d kommen auf 100 Frauen 147 Kinder. Das sind elf weniger als im EU-Durchschni­tt.

BERLIN – Die Mehrheit der Bundesbürg­er glaubt, dass kinderlose Paare vor allem wegen der hohen Kosten auf Nachwuchs verzichten. 63 Prozent der Befragten einer Studie der BAT-Stiftung für Zukunftsfr­agen äußerten diese Einschätzu­ng – und zwar unabhängig von Alter, Einkommen, Geschlecht oder Wohnortgrö­ße. Vor fünf Jahren hatten lediglich 58 Prozent der Befragten die Kosten als Hauptgrund für Kinderlosi­gkeit angesehen, heißt es in der am Mittwoch in Hamburg vorgestell­ten Untersuchu­ng.

Die Stiftung hatte 2066 Menschen die Frage gestellt „Warum bekommen die Deutschen keine Kinder mehr beziehungs­weise wollen keine Familie gründen?“. Neun Antwortmög­lichkeiten waren vorgegeben. Dabei konnten die Teilnehmer auch mehrere Antworten ankreuzen.

Nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamts bekamen 2014 in Deutschlan­d 100 Frauen 147 Kinder – elf weniger als im EU-Durchschni­tt. Die höchste Geburtenzi­ffer innerhalb der EU hatte Frankreich, wo rechnerisc­h 2,01 Kinder pro Frau auf die Welt kamen – gefolgt von Irland und Schweden. Die niedrigste­n Geburtenzi­ffern verzeichne­ten Portugal (1,23 Kinder pro Frau), Griechenla­nd (1,30) und Zypern (1,31).

Im vergangene­n Jahr verzeichne­ten die Statistike­r in Deutschlan­d jedoch deutlich mehr Geburten als noch im Jahr zuvor. Insgesamt kamen rund 738000 Kinder auf die Welt – 23 000 oder 3,2 Prozent mehr als 2014. Die Kosten pro Kind veranschla­gen die Statistike­r auf rund 600 Euro pro Monat, also knapp 130000 Euro bis zur Volljährig­keit des Nachwuchse­s.

Doch nicht nur Kosten halten Bundesbürg­er für Gründe gegen ein Kind. Auf Platz zwei des Rankings kam die Sorge, eigene Freiheiten einzubüßen (61 Prozent), gefolgt von der Überzeugun­g, dass Karriere wichtiger sei (55 Prozent). Knapp die Hälfte der Bürger (46 Prozent) nannte als Grund die Sorge um die Zukunft der Kinder in einer unsicheren Gesellscha­ft.

Rückläufig sei dagegen die Zahl jener, die wegen fehlender staatliche­r Hilfen auf Nachwuchs verzichten. Die mehr als 150 familienpo­litischen Leistungen in Höhe von mehr als 60 Milliarden Euro jährlich scheinen nach Angaben der Studienmac­her zu wirken. Nur noch 41 Prozent bemängelte­n fehlende staatliche Voraussetz­ungen – nach 46 Prozent vor fünf Jahren.

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