Nordwest-Zeitung

Zähes Ringen im Beluga-Prozess

Verteidigu­ng sieht weiteren Anklagepun­kt zusammenge­brochen

- VON JÜRGEN WESTERHOFF

Im Verfahren um den Zusammenbr­uch der Beluga-Reederei ging es um den Einstieg des US-Investors. Über den weiteren Prozessver­lauf herrscht Unklarheit.

BREMEN/OLDENBURG – Um höchst komplizier­te Verfahrens­fragen ging es am Mittwoch im Bremer Landgerich­t im Prozess um den Zusammenbr­uch der Beluga-Reederei. Als Zeuge berichtete ein Rechtsanwa­lt aus einer großen Wirtschaft­skanzlei, wie im Herbst 2010 der amerikanis­che Investor Oaktree bei Beluga eingestieg­en ist.

Der Zeuge leitete drei Anwaltsgru­ppen innerhalb seiner Kanzlei, die von Oaktree zur Unterstütz­ung bei der Beluga-Investitio­n angeheuert worden war. Die Aufgabe der Berater war es, Oaktree bei den Rechts- und Steuerfrag­en im Zusammenha­ng mit dem Beluga-Einstieg zu beraten.

Eine Besonderhe­it des damaligen Verfahrens, so der Zeuge, war die Tatsache, dass Oaktree erstmals eine Minderheit­sbeteiligu­ng an einem Unternehme­n anstrebte. Dazu wurde ein besonderes Konzept entwickelt, das es dem Investor ermögliche­n sollte, die Beluga-Reederei mehr und mehr unter Kontrolle zu bekommen, falls die Geschäfte nicht wie gewünscht verliefen. Oaktree strebte damals eine jährliche Rendite von mehr als 20 Prozent für das 160-Millionen-Euro-Engagement an.

Laut Anklage soll der inzwischen in Oldenburg lebende ehemalige Beluga-Reeder Niels Stolberg Oaktree durch verdeckte Tricks bei der Eigenkapit­aldarstell­ung betrogen haben.

Diesen Vorwurf sahen die Stolberg-Verteidige­r am Ende der Verhandlun­g am Mittwoch als nicht mehr gegeben an – fanden aber keine Zustimmung bei der Anklage, die darauf verwies, selbst wenn sich der Betrugsvor­wurf nicht halten lasse, könne es ja immerhin noch um versuchten Betrug gehen.

Das zähe Ringen um die Stolberg-Pleite sorgt dafür, dass sich derzeit nicht absehen lässt, wie lange sich der Prozess vor dem Bremer Landgerich­t noch hinziehen wird. Der nächste Verhandlun­gstermin wird in zwei Wochen sein. Dann will das Gericht darlegen, wie es mit dem seit Januar laufenden Verfahren weitergehe­n soll. Dazu soll es ein weiteres nicht öffentlich­es Rechtsgesp­räch der Prozessbet­eiligten geben.

Ein erster Versuch, das Verfahren zu verkürzen, war an der Staatsanwa­ltschaft gescheiter­t. Während Richter und Verteidige­r einen Teil der Anklagevor­würfe fallen lassen wollten, sah die Anklagebeh­örde darin einen Verstoß gegen die Aufklärung­spflicht des Gerichts. Stolberg selbst sitzt inzwischen mit zunehmende­r Gelassenhe­it in dem Verfahren. Während er einen Teil der Vorwürfe freimütig zugegeben hat, weist er die Betrugs- und Untreuevor­würfe gegen ihn strikt zurück.

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BILD: DPA Vor dem Bremer Landgerich­t: Niels Stolberg, früherer Gesellscha­fter der Reederei Beluga Shipping
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