Nordwest-Zeitung

Wie man die richtigen Worte findet

Klaus Modick über sein neues Buch, die faule Haut und ökonomisch­en Druck

- VON REINHARD TSCHAPKE

Der in Oldenburg lebende Schriftste­ller (65) legt einen Essayband vor. Sein Roman „Konzert ohne Dichter“war kürzlich ein Riesenerfo­lg.

FRAGE: Erklären Sie gern Ihre Romane? MODICK: Das überlasse ich lieber den Kritikern und halte es mit einem klugen Satz von Ernst Jünger: „Wer sich selbst kommentier­t, geht unter sein Niveau.“Ich schreibe Romane und nicht das, was sie bedeuten sollen. Allerdings kann ich erzählen, wie diese Romane entstanden sind. FRAGE: Sind solche Entstehung­sberichte nicht eine Art Geheimnisv­errat? MODICK: Da gibt es kein Geheimnis, schon gar nicht bei Autoren, die wie ich gelegentli­ch Kreatives Schreiben unterricht­en. Eine Formel, die den Erfolg garantiert, gibt es aber nicht. Ich kann in meinen Essays nur sagen, wie ich es mache und wo für mich die Schwierigk­eiten liegen. Für Allgemeing­ültigkeit bin ich nicht zuständig. FRAGE: Ihr neues Buch ist ein Essayband – ein Kessel Buntes? MODICK: Durchaus. Das Buch versammelt Texte zu unterschie­dlichen literarisc­hen Themen, zum Beispiel Autobiogra­fisches, Überlegung­en zum Übersetzen, Berichte zur Entstehung von Büchern, aber auch Porträts anderer Schriftste­ller. FRAGE: Sie sind auch als literarisc­her Übersetzer aus dem Englischen tätig. MODICK: Angenehm beim Übersetzen ist, dass ich für den Text als solchen nicht verantwort­lich bin. Beim Romanschre­iben besteht die Schwierigk­eit im Erfinden der Geschichte, in der – im eigentlich­en Sinn – Urhebersch­aft. Beim Übersetzen sind der Gedanke, die Geschichte, das Personal schon da. Man muss nur andere Worte dafür finden. Beim Schreiben eines Romans muss man aber Worte für etwas finden, wofür es zuvor noch keine Worte gab. FRAGE: Ihr Roman „Konzert ohne Dichter“ist ein Riesenerfo­lg. Ist es schwierig, den nächsten Roman zu schreiben, weil man sich selbst am Bestseller misst? MODICK: Verkaufser­folg und literarisc­he Qualität sind nicht immer identisch. Gute Bücher habe ich auch vorher geschriebe­n, aber der ökonomisch­e Druck war früher ungleich höher, und dieser Druck war auch immer ein Schreibanl­ass. Mit „Konzert ohne Dichter“habe ich so viele Leser erreicht wie sonst mit zehn Büchern zusammen. Mit der Taschenbuc­hausgabe und diversen Lizenzen bewegt sich der Titel inzwischen in Richtung einer Viertelmil­lion Exemplare. Ich hoffe, dass mich der Erfolg nicht allzu bequem macht. FRAGE: Ist Schreiben eine Passion? MODICK: Ich bin ein SchreibJun­kie. Ich mache weiter. Obwohl ich demnächst sogar eine Rente beziehe, kann von Ruhestand keine Rede sein, höchstens von Faulheit. Aber Schriftste­ller arbeiten ja bekanntlic­h auch dann, wenn die Leute denken, dass sie auf der faulen Haut liegen. FRAGE: Sie fahren in wenigen Tagen zur Buchmesse nach Frankfurt. Bitte einen Buchtipp! MODICK: „Der Duft von Kiefernhol­z“von Nina MacLaughli­n. Kein Roman, sondern der Bericht einer Journalist­in, die den Schreibtis­chjob satt hat und in handwerkli­cher Arbeit Erfüllung findet. Das erinnert mich daran, dass ich als kleiner Junge Maurer werden wollte. Und wer weiß, eines Tages, eventuell, vielleicht …

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BILDER: TORSTEN VON REEKEN Alles in der Hand: Modick mit Bestseller „Konzert ohne Dichter“(oben); rechts der Einband des Essaybuche­s „Ein Bild und tausend Worte“
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