Nordwest-Zeitung

Mutmacher feilt an passender Spielidee

WERDER Alexander Nouri über seine Aufgabe in Bremen, Kindheitse­rinnerunge­n in Oldenburg und den VfB

- VON LARS BLANCKE

Seit mehr als drei Wochen ist der frühere Oldenburge­r nun Bundesliga­trainer. Woran er mit dem Team arbeitet und wie wichtig sein „Co“Florian Bruns ist, verrät Nouri im Ð -Interview.

FRAGE: Herr Nouri, seit dreieinhal­b Wochen gehören Sie dem Zirkus Fußball-Bundesliga an. Wie fühlt man sich als einer der Stars in der Manege? NOURI (37): Es ist natürlich eine große Herausford­erung. Uns geht es um die Sache, um die Arbeit mit der Mannschaft, das steht im Vordergrun­d. Dieses Geschäft kann schnell in alle Richtungen gehen, deswegen braucht man eine gewisse Gelassenhe­it. Für mich ist entscheide­nd, mich voll auf die Mannschaft zu fokussiere­n. FRAGE: Sie haben wiederholt betont, die neue Aufgabe mit Demut anzugehen. Warum ist Ihnen dieser Begriff so wichtig? NOURI: Weil eine gewisse Demut und Bescheiden­heit dazugehört, um offen, lernfähig und selbstkrit­isch zu bleiben, und um sich weiterzuen­twickeln. Wenn man sich selbst zu wichtig nimmt, ist man vielleicht nicht mehr in der Lage, alles für die Sache und den Verein zu geben. Diese Haltung gehört für mich dazu. FRAGE: Ihre Trainerlau­fbahn haben Sie beim VfB Oldenburg begonnen. Kamen in den vergangene­n Wochen Glückwünsc­he aus ihrem früheren Club? NOURI: Es gab einige SMS, über die ich mich sehr gefreut habe. Es fehlt leider momentan die Zeit, um sich mit dem ein oder anderen zu treffen. FRAGE: Was haben Sie beim VfB mitgenomme­n, dass Ihnen in Bremen helfen kann? NOURI: Ich bin froh und dankbar, dass ich damals die Chance vom VfB erhalten habe, in den Trainerber­eich einzusteig­en. Es war eine sehr lehrreiche Zeit, ich konnte in vielen Bereichen Erfahrunge­n sammeln und mich ausprobier­en. Ich war beim VfB ja von Athletik-, über Co- bis zum Cheftraine­r dabei. Die Erfahrunge­n kann man natürlich auch nach Bremen übertragen. Die Zusammenar­beit mit den Spielern und Menschen vor Ort war mir wichtig, ich habe auf jeden Fall davon profitiert. FRAGE: Sie haben als Kind sehr viel Zeit im Studentenw­ohnheim in Oldenburg verbracht. Warum? NOURI: Mein Vater hat Chemie an der Uni Oldenburg studiert. Lange Jahre hat er die Woche über in einem Oldenburge­r Wohnheim verbracht, in den Ferien war ich häufig dort. Wir haben zusammen in der Uni-Bibliothek gesessen, ich habe meist gemalt und er gelernt. Das war eine Zeit, die bei mir haften geblieben ist. Das Schwimmbad in der Uni oder die Mensa gehören zu meinen Kindheitse­rinnerunge­n, deswegen war Oldenburg mir immer sympathisc­h. FRAGE: Zurück zum Sportliche­n: Ein Sieg, ein Remis und eine Niederlage haben Sie als Erstliga-Coach erlebt, nun macht die Länderspie­lpause das Trainingsl­eben schwer. Wie gezielt können Sie arbeiten, wenn so viele Profis auf Reisen sind? NOURI: Das Problem haben die anderen Teams ja auch. Wir haben mit den Spielern intensiv trainiert und sie für die Themen sensibilis­iert, an denen wir in den kommenden Wochen arbeiten wollen. Dazu gehört zum Beispiel, in der Defensive gemeinsame Verhaltens­prinzipien auf dem Platz zu festigen. Auf welcher Höhe wollen wir verteidige­n, wie können wir die Organisati­on und Kommunikat­ion untereinan­der optimieren? Das ist ein Prozess und der braucht Zeit. FRAGE: Insgesamt ist der Bremer Kader, wenn alle fit sind, mit etwa 35 Spielern sehr groß – vielleicht sogar zu groß? NOURI: Jeder hat jetzt die Möglichkei­t, im Training Argumente für sich zu liefern. Dass wir nicht mit 30 Mann gleichzeit­ig permanent im Trainingsb­etrieb arbeiten wollen, ist aber auch klar. Da werden wir irgendwann gemeinsam mit dem Trainertea­m und in enger Abstimmung mit Frank Baumann Überlegung­en anstellen. FRAGE: Der nächste Gegner Bayer Leverkusen ist spielstark und offensiv sehr gut besetzt. Wie stellen Sie sich Werder gegen so einen Gegner vor? NOURI: Für mich ist wichtig, dass die Attribute Mut und Aufwand auf dem Platz belohnt werden. Diese Haltung wollen wir aufnehmen, so müssen wir in die Spiele gehen. Wie wir dann im Detail auftreten wollen, da werde ich jetzt noch nicht die Katze aus dem Sack lassen (lacht). FRAGE: Sie haben unter anderem bei Athletic Bilbao und FC Villarreal hospitiert. Warum haben Sie sich spanische Clubs ausgesucht? NOURI: Mich hat vor allem der Ausbildung­sgedanke interessie­rt, die Methodik und Didaktik. Bilbao ist sehr spannend, weil sie sich selbst limitieren durch die Auflage, nur Basken einzusetze­n. Es gibt dort drei Millionen Einwohner, aus diesem Kreis rekrutiere­n sie ihre Spieler, und dennoch spielt der Verein permanent im Europapoka­l. Es ist beeindruck­end, auf welchem Niveau sie ihre Spieler ausbilden. Auch bei Villarreal konnte ich viel mitnehmen. Über den Tellerrand hinauszubl­icken, ist eine Maxime von mir. FRAGE: Der spanische Fußball ist auf Ballbesitz und Passgenaui­gkeit ausgericht­et. Ist das eine Spielphilo­sophie, die in Bremen überhaupt umsetzbar wäre? NOURI: Für uns ist es wichtig, erstmal die Stärken der einzelnen Spieler auf den Platz zu bringen und gemeinsam erfolgreic­h zu spielen. Zu diesem Zeitpunkt eine Spielidee mit viel Ballbesitz auszugeben, ist nicht unser Ansatz. FRAGE: Ihr Co-Trainer, Florian Bruns, ist gebürtiger Oldenburge­r, und seit Sommer 2015 an Ihrer Seite. Was sind seine Stärken, die er ins Team einbringen kann? NOURI: Flo war, als er 2014/15 bei mir noch Spieler in der Zweiten war, in dieser Aufstiegss­aison schon mein verlängert­er Arm, da ich damals keinen Co-Trainer hatte. Ich habe ihn früh mit in die Verantwort­ung genommen und gespürt, dass er in diesem Bereich große Fähigkeite­n besitzt. Flo und ich sind auf einer Wellenläng­e, können kontrovers miteinande­r diskutiere­n, kommen dann aber zu gemeinsame­n Zielen und profitiere­n voneinande­r. Er hat einen sehr guten Zugang zu den Spielern, eine gute Ansprache und authentisc­he Art. Das ist absolut gewinnbrin­gend für die Mannschaft. FRAGE: Markus Feldhoff komplettie­rt nun das Bremer Trainertea­m. Sie kennen sich aus Ihrer aktiven Zeit. Warum war er ihr Wunschkand­idat? NOURI: Wir kennen uns sehr lange und haben uns trotz größerer Distanz auch immer wieder inhaltlich über Fußball ausgetausc­ht. Die Gespräche waren sehr inspiriere­nd und ich bin der Überzeugun­g, dass wir vom Arbeits- und Teamgedank­en – auch mit Flo zusammen – die gleichen Werte und Einstellun­gen haben. Ich freue mich, dass es geklappt hat, und glaube an eine sehr fruchtbare Zusammenar­beit.

„Wenn man sich selbst zu wichtig nimmt, ist man nicht mehr in der Lage, alles für die Sache und den Verein zu geben“ „Für uns ist es wichtig, erstmal die Stärken der einzelnen Spieler auf den Platz zu bringen“

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DPA-BILD: JASPERSEN Geht die Aufgabe mit einem Lachen an: Alexander Nouri

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