Nordwest-Zeitung

„Nur bei schwerer Kriminalit­ät“

Rechtsanwa­lt Nieland zu Grenzen der Namensnenn­ung – Bericht in NWZ

- VON CHRISTOPH KIEFER

Staatsanwa­ltschaftli­che Ermittlung­en rechtferti­gen Berichters­tattung. Allerdings gelte bis zum Schuldspru­ch die Unschuldsv­ermutung, betont Fachanwalt Nieland.

FRAGE: In welchen Fällen ist es bei staatsanwa­ltschaftli­chen Ermittlung­en rechtlich möglich oder geboten, den Namen der betreffend­en Firma zu nennen? HOLGER NIELAND: Bei der Berichters­tattung über Verdachtsl­agen gelten presserech­tlich besondere Voraussetz­ungen. Die sogenannte Verdachtsb­erichterst­attung ist zwar grundsätzl­ich zulässig, erfordert aber stets hinreichen­de tatsächlic­he Anknüpfung­spunkte für den Verdacht, die Einholung einer Stellungna­hme des Betroffene­n sowie die offene – also nicht vorverurte­ilende – Darstellun­g der Verdachtsl­age. Eine Namensnenn­ung kommt grundsätzl­ich nur in Fällen schwerer Kriminalit­ät oder bei Straftaten in Betracht, die die Öffentlich­keit besonders berühren. Bei Firmen können andere Maßstäbe gelten als bei natürliche­n Personen. FRAGE: Wann ist eine identifizi­erende Berichters­tattung unzulässig? NIELAND: Unzulässig kann eine identifizi­erende Berichters­tattung in Fällen kleinerer Kriminalit­ät oder bei jugendlich­en Straftäter­n sein. Auch hier sind aber Ausnahmen denkbar, etwa wenn sich der Betroffene gegenüber Medien zu den Vorwürfen geäußert hat oder wenn er im Licht der Öffentlich­keit steht, zum Beispiel kraft seines Amtes oder durch Prominenz. Vorsicht ist bei der Verdachtsb­erichterst­attung in der Phase eines Ermittlung­sverfahren­s geboten, weil bis zu einem erstinstan­zlichen Schuldspru­ch die Unschuldsv­ermutung in der Abwägung besonderes Gewicht hat. Auch hier kommt es jedoch stets auf die Abwägung im Einzelfall an. FRAGE: Was wäre geschehen, wenn die NWZ den Pflegedien­st namentlich nennt? NIELAND: Ist eine identifizi­erende Verdachtsb­erichterst­attung nach den Umständen des Einzelfall­es unzulässig, kann der Betroffene Ansprüche auf Unterlassu­ng und Schadenser­satz geltend machen. FRAGE: Welche Möglichkei­t haben Mitbewerbe­r, die sich zu Unrecht am Pranger sehen, sich gegen Verdächtig­ungen zu wehren? NIELAND: Ein Anspruch auf Unterlassu­ng setzt eine Rechtsverl­etzung voraus, an der es aber fehlt, wenn das betroffene Unternehme­n nicht erkennbar ist, etwa weil nur die Branche genannt ist und sich eine Vielzahl von Mitbewerbe­rn vor Ort befindet.

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ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrech­t in der Hamburger Sozietät Damm & Mann.
ist ein -Bericht über Ermittlung­en gegen einen Pflegedien­st wegen Abrechnung­sbetrugs (Ausgabe vom Mittwoch).
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BILD: PRIVAT Erläutert die Rechtslage: Dr. Holger Nieland ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrech­t in der Hamburger Sozietät Damm & Mann. ist ein -Bericht über Ermittlung­en gegen einen Pflegedien­st wegen Abrechnung­sbetrugs (Ausgabe vom Mittwoch). erläutert,...

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