„Nur bei schwerer Kriminalität“
Rechtsanwalt Nieland zu Grenzen der Namensnennung – Bericht in NWZ
Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen rechtfertigen Berichterstattung. Allerdings gelte bis zum Schuldspruch die Unschuldsvermutung, betont Fachanwalt Nieland.
FRAGE: In welchen Fällen ist es bei staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen rechtlich möglich oder geboten, den Namen der betreffenden Firma zu nennen? HOLGER NIELAND: Bei der Berichterstattung über Verdachtslagen gelten presserechtlich besondere Voraussetzungen. Die sogenannte Verdachtsberichterstattung ist zwar grundsätzlich zulässig, erfordert aber stets hinreichende tatsächliche Anknüpfungspunkte für den Verdacht, die Einholung einer Stellungnahme des Betroffenen sowie die offene – also nicht vorverurteilende – Darstellung der Verdachtslage. Eine Namensnennung kommt grundsätzlich nur in Fällen schwerer Kriminalität oder bei Straftaten in Betracht, die die Öffentlichkeit besonders berühren. Bei Firmen können andere Maßstäbe gelten als bei natürlichen Personen. FRAGE: Wann ist eine identifizierende Berichterstattung unzulässig? NIELAND: Unzulässig kann eine identifizierende Berichterstattung in Fällen kleinerer Kriminalität oder bei jugendlichen Straftätern sein. Auch hier sind aber Ausnahmen denkbar, etwa wenn sich der Betroffene gegenüber Medien zu den Vorwürfen geäußert hat oder wenn er im Licht der Öffentlichkeit steht, zum Beispiel kraft seines Amtes oder durch Prominenz. Vorsicht ist bei der Verdachtsberichterstattung in der Phase eines Ermittlungsverfahrens geboten, weil bis zu einem erstinstanzlichen Schuldspruch die Unschuldsvermutung in der Abwägung besonderes Gewicht hat. Auch hier kommt es jedoch stets auf die Abwägung im Einzelfall an. FRAGE: Was wäre geschehen, wenn die NWZ den Pflegedienst namentlich nennt? NIELAND: Ist eine identifizierende Verdachtsberichterstattung nach den Umständen des Einzelfalles unzulässig, kann der Betroffene Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz geltend machen. FRAGE: Welche Möglichkeit haben Mitbewerber, die sich zu Unrecht am Pranger sehen, sich gegen Verdächtigungen zu wehren? NIELAND: Ein Anspruch auf Unterlassung setzt eine Rechtsverletzung voraus, an der es aber fehlt, wenn das betroffene Unternehmen nicht erkennbar ist, etwa weil nur die Branche genannt ist und sich eine Vielzahl von Mitbewerbern vor Ort befindet.