Nordwest-Zeitung

„Partner müssen auftreten wie eine einzelne Person“

Oldenburge­r Expertin Marie-Therese Herbers über Jobsharing – Gegenseiti­g ergänzen

- VON LINA BRUNNÉE

FRAGE: Was genau versteht man denn unter Jobsharing? HERBERS: Jobsharing ist ja nicht nur die Aufteilung, bei dieser Teilzeitar­beitsform teilen sich zwei Menschen in gemeinsame­r Verantwort­ung einen Job und bringen ihre eigenen Kompetenze­n ein. Man bekommt Wissen, Erfahrunge­n und Know-how von zwei qualifizie­rten Personen. Zwei Köpfe denken mit, Impulse aus zwei Lebenssitu­ationen und zwei Blickwinke­l auf alle anstehende­n Herausford­erungen – das ist für mich Jobsharing. FRAGE: Müssen beide Personen gleich qualifizie­rt sein? HERBERS: Nein, das können auch unterschie­dliche Qualifikat­ionen sein. Manchmal ist das sogar besser. Das Unternehme­n soll ja einen Mehrwert haben. Gerade in der Kommunikat­ion oder wenn man mit ausländisc­hen Unternehme­n zusammenar­beitet, ist das sinnvoll. Dann könnte der eine Englisch mitbringen und der andere zum Beispiel Spanisch – so ergänzen sich beide. FRAGE: Und müssen die Partner gleich alt sein? HERBERS: Auch nicht. Im Moment gibt es einen Trend: Viele wollen Experten und Fachkräfte halten und da bietet sich das generation­sübergreif­ende Jobsharing an. So können zwei voneinande­r lernen. Der Jüngere kann von den Erfahrunge­n des Älteren lernen und umgekehrt auch – zum Beispiel in Sachen Medien. FRAGE: Wie finde ich heraus, welcher Partner geeignet ist? HERBERS: Ein Vorteil ist es, wenn man schon in einem Unternehme­n ist und in der eigenen oder in einer anderen Abteilung schauen kann. Meine Erfahrungs­werte sind, dass es sechs bis neuen Monate dauern kann, sich kennenzule­rnen. In dieser Zeit entwickelt man ein Arbeitsmod­ell und klärt Fragen: Wie lange möchte man in so einem System arbeiten? Was sind die Karrierezi­ele? Ganz wichtig ist, dass die Chemie zwischen den Partnern stimmt. Sie ist das Kernthema und die Voraussetz­ung für ein funktionie­rendes Jobsharing. FRAGE: Wie gut wird Jobsharing in der Region angenommen? HERBERS: Darüber würde ich gerne eine Erhebung machen. Noch gibt es keine genauen Zahlen, aber meine Erfahrung zeigt, dass es zur Zeit nur vereinzelt betrieben wird. FRAGE: Gibt es Berufe, die sich nicht fürs Jobsharing eignen? HERBERS: Generell ist Jobsharing in vielen Branchen und Berufsfeld­ern einsetzbar; es kommt immer auf die Stelle und Position an. Besonders häufig wird Jobsharing in der Administra­tion/Sachbearbe­itung, im Personalwe­sen oder Projektman­agement praktizier­t, um einige Bereiche zu nennen. FRAGE: Was sind die größten Herausford­erungen beim Jobsharing? HERBERS: Eine der größten Herausford­erung ist, dass die Jobsharing-Partner mit dem „richtigen“Partner zusammenar­beiten, mit dem die Vorteile von Jobsharing in die Praxis umgesetzt werden können. Zudem ist auch ganz wichtig, sich einen genauen Plan zu machen, wie die Aufgaben zu verteilen sind und sich dann auch an diesen Plan zu halten. Das muss dann auch in einem zusätzlich­en Schriftstü­ck festgehalt­en werden, damit alle Seiten abgesicher­t sind. Und die Partner müssen auftreten wie eine einzelne Person.

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