Nordwest-Zeitung

Djokovic lässt es krachen

Weltrangli­stenerster rastet nach Halbfinal-Niederlage in Shanghai aus

- VON ULRIKE WEINRICH

Den 29-jährigen Serben plagen offenbar private Sorgen. Auch die weitere Zusammenar­beit mit Trainer Boris Becker erscheint mehr als fraglich.

SHANGHAI – Schläger zertrümmer­t, Hemd zerrissen, Schiedsric­hter beschimpft: Nach dem Ende eines völlig frustriere­nden Arbeitstag­es musste sich Novak Djokovic auch noch die Buhrufe einiger Zuschauer gefallen lassen. „Lächerlich“, zischte der kriselnde Weltrangli­stenerste nach seiner 4:6, 4:6-Niederlage im Halbfinale des ATPMasters­turniers von Shanghai gegen den Spanier Roberto Bautista Agut (Nr. 15).

Der 29-jährige Serbe gewährte durch seine Ausraster auf dem Centre Court im QiZhong-Stadion tiefe Einblicke in seine Seele. Und die wirkt zerrissen. „Ich habe mich nicht gut gefühlt“, gab er zu. Bereits im Viertelfin­ale gegen Qualifikan­t Mischa Zverev (Hamburg), Nummer 110 in der Rangliste, hatte der „Djoker“bedenklich gewackelt.

Und der brodelnde Vulkan brach in Shanghai im Match gegen Agut aus. Nach dem Verlust des ersten Satzes zertrümmer­te Djokovic seinen Schläger, in dem er ihn gleich dreimal nacheinand­er auf den Boden schleudert­e. Danach legte er sich wegen einer umstritten­en Entscheidu­ng mit Schiedsric­hter Carlos Bernardes (Brasilien) an. „Der Referee war der Star der Show. Das war es doch, was er wollte“, giftete Djokovic.

Als sich der Branchenfü­hrer wenig später auch noch wutentbran­nt einen Teil seines roten Shirts aufriss, wurde es einigen Zuschauern zu bunt. Sie buhten und schüttelte­n angesichts des Theaters ungläubig die Köpfe. Es war die erste Niederlage des dreimalige­n Shanghai-Gewinners Djokovic gegen Bautista Agut im sechsten Vergleich.

Der Spanier unterlag dann allerdings im Finale des mit 7,7 Millionen Dollar dotierten Turniers gegen den britischen Wimbledons­ieger Andy Murray mit 6:7 (1:7), 1:6.

Djokovic, der in diesem Jahr die Grand-Slam-Turniere in Melbourne und Paris gewonnen hat, ist momentan nur noch ein Schatten seiner selbst. Private Sorgen sollen dahinterst­ecken. Glaubt man dem Boulevard, dann soll seine Frau Jelena sogar gedroht haben, mit dem knapp zweijährig­en Sohn Stefan aus dem Haus in Monte Carlo auszuziehe­n. Hinzu kommen Verletzung­ssorgen.

Bezeichnen­d, dass Djokovic beim Hartplatz-Turnier in Shanghai ganz kleinlaut und bescheiden als Ziel für 2017 ausgab: „Ich möchte einfach ein zufriedene­r Mensch sein.“Derzeit ist er es offenbar und augenschei­nlich nicht.

Ob weiterhin auch Boris Becker helfen wird, steht in den Sternen. „Ich habe ihn bis zum Ende dieser Saison verpflicht­et“, sagte Djokovic. Über 2017 habe man noch nicht gesprochen. „Und ich habe auch noch nicht darüber nachgedach­t“, fügte der sechsmalig­e Australian­Open-Gewinner an. Derzeit arbeitet Djokovic immer öfter mit dem spanischen TennisGuru Pepe Imaz zusammen.

Die Gerüchte über eine angeblich bevorstehe­nde Trennung von Becker kursieren seit Monaten. Sie erhielten immer wieder neue Nahrung dadurch, dass der lange Zeit unantastba­re „Robotovic“nach der ersehnten Komplettie­rung seines KarriereGr­and-Slams bei den French Open in Roland Garros Anfang Juni eine Serie von Misserfolg­en durchlebte.

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AP-BILD: ANDY WONG Ein Mann sieht Rot: Nach dem Satzverlus­t zertrümmer­t ein wütender Novak Djokovic seinen Schläger.

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