91 000 Tote durch Klinik-Keime
Forscher rechnen pro Jahr mit 2,6 Millionen Infektionen in europäischen Krankenhäusern
In Deutschland werden 3,5 Prozent der Patienten infiziert. Im Nordwesten vermuten Experten einen ähnlichen Wert.
BERLIN/OLDENBURG/LEER – In den Kliniken Europas sterben nach einer neuen Studie hochgerechnet 91000 Patienten jährlich an Krankenhausinfektionen. Die Forscher gehen von 2,6 Millionen Infektionen aus, die sich Patienten erst in einer Klinik zuziehen.
„Die Studie ist in meinen Augen die beste, die ich zu diesem Thema gesehen habe“, sagte Petra Gastmeier, Direktorin des Nationalen Referenzzentrums zur Überwachung von Krankenhausinfektionen an der Berliner Charité. Für Deutschland schätzt sie die Zahl der Krankenhausinfektionen auf rund 500 000 jährlich, die daraus resultierenden Todesfälle auf 15 000.
Die Zahlen sind geschätzt, denn meldepflichtig sind nur schwere Infektionen mit dem Bakterium Staphylococcus aureus (MRSA). Diese gingen in Niedersachsen zuletzt zurück. Während 2014 laut Landesgesundheitsamt 542 Patienten infiziert wurden, von denen 34 starben, waren es 2015 noch 460 (27 Tote). Für 2016 wurden bislang 352 Infektionen (15 Tote) gemeldet.
Als Basis der aktuellen Studie dienten den Forschern vom Europäischen Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten die Daten von rund 274000 Patienten in 1150 Akutkrankenhäusern, die 2011/12 in 30 Ländern erhoben wurden.
In Deutschland bekommen rund 3,5 Prozent der Patienten auf Allgemeinstationen eine Infektion, 15 Prozent auf Intensivstationen. „Im Grunde könnte man die Zahlen runterbrechen auf die Region“, sagte Jörg Herrmann, Direktor des Instituts für Krankenhaushygiene in Oldenburg. „Aber es wird eben nicht jeder Patient evaluiert.“Hans-Jürgen Wietoska, Ärztlicher Leiter der Klinikum Leer GmbH, geht davon aus, „dass wir im Norden etwas unter dem Bundesdurchschnitt liegen – besonders was multiresistente Keime betrifft“.