Es wird bunt
Einige werden sich erinnern: Mit der Rote-Socken-Kampagne kämpfte die CDU im Bundestagswahlkampf 1994 gegen ein mögliches Linksbündnis aus SPD und PDS. Der Erfinder des Slogans, der damalige CDU-Generalsekretär Peter Hintze, malte ein Schreckensszenario an die Wand, sollte die Verbindung zustandekommen. Damals wurde daraus bekanntlich nichts.
Und heute? Ist Rot/Rot, verstärkt durch die Grünen, nach der Wahl 2017 möglich? Programmatisch trennen SPD und Linke noch immer Welten. Die Wagenknecht-Partei fordert eine Abkehr von der Agenda 2010; die SPD befürwortet die von Gerhard Schröder kreierten Reformen mehrheitlich. Noch schwerer wiegen die Unterschiede in der Außen- und Sicherheitspolitik: Die Linke will raus aus der Nato und lehnt jegliche Auslandseinsätze ab; mit der SPD ist das auf keinen Fall zu machen. Hinzu kämen die Grünen, die in vielen Punkten zwischen den Stühlen sitzen. Regieren aus einem Guss wäre kaum möglich.
Doch da gibt es eben noch einen anderen Aspekt: die Machtfrage. Aus Sicht der SPD wäre Rot/Rot/Grün wohl die einzige halbwegs realistische Möglichkeit, künftig den Kanzler zu stellen. Zudem will die Partei unbedingt raus aus der Großen Koalition. Zu groß ist der Frust bei vielen Genossen, dass die Umfragewerte im Keller bleiben. Der Begriff Volkspartei gerät zunehmend in Gefahr. Deshalb könnten viele bereit sein, Kröten zu schlucken, um endlich wieder ins Kanzleramt einziehen zu dürfen.
Aufseiten der Linken muss man sich entscheiden. Bleibt es bei der Fundamentalopposition (was der Partei viele Stimmen sichert), oder schwenkt man um auf Realpolitik und geht künftig Kompromisse ein? Letzteres birgt zwei große Risiken: Als kleiner Koalitionspartner könnte die Partei schnell an Bedeutung verlieren, zudem drohen harte innerparteiliche Auseinandersetzungen.
Eine ganz eigene Rolle spielen in diesem Puzzle die Grünen. Neben Rot/Rot/Grün bietet sich ihnen auch die Option Schwarz/Grün. Diesen Vorteil werden sie nutzen.
Deshalb: Die Gespräche am Dienstag waren ein Schnupperabend, mehr nicht. Fest steht dagegen: Die Koalitionsgespräche nach der Wahl 2017 werden bunt.
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