Nordwest-Zeitung

Raab wird 50: König Lustig ohne Land

Mit „TV Total“gelang der Durchbruch – 2015 überrasche­nder Rückzug vom Bildschirm

- VON JONAS-ERIK SCHMIDT

Noch vor einigen Jahren hätte man sich deutsches Fernsehen ohne Raab gar nicht vorstellen können. Im Alter von 49 Jahren war dann Schluss.

KÖLN – Stefan Raab hat immer noch seine Auftritte. Sie kommen vorzugswei­se dann, wenn sein alter Haussender ProSieben eine neue Samstagabe­ndshow ausprobier­t, so wie kürzlich das „Auswärtssp­iel“mit Raabs altem Kompagnon Elton. „Stefan Raab wir wollen dich zurück! Mehr denn je!“, twittert dann jemand. Oder: „Danke für das #Auswaertss­piel gestern! Seit langer Zeit lag wieder ,Raab“in der Luft.“Offenkundi­g gibt es für viele Menschen immer noch eine Art Raab-Skala, mit der sie die Qualität von Fernsehunt­erhaltung bewerten können.

Das zeigt: Raab ist im kollektive­n Gedächtnis geblieben. Was erstaunen könnte, denn der große Fernseh-Guru selbst lässt seit seinem Rückzug vom Bildschirm Ende 2015 quasi nichts mehr von sich hören. Auch nicht zu seinem 50. Geburtstag, den er am Donnerstag feiert. Interview-Wünsche lehnt er ab.

Ein Anruf bei seinem Management. Kann man zumindest erfahren, was der „Raabinator“aktuell so treibt? „Nein.“Raab habe sich aus dem öffentlich­en Leben zurückgezo­gen. „Derzeit genießt er seine Auszeit“, sagt Managerin Gaby Allendorf. „Was er vorhat, steht in den Sternen.“Ähnliches hört man bei der Produktion­sfirma Brainpool.

Wok-Weltmeiste­rschaft

Im Juni wurde Raab zumindest mal gesichtet – bei einem Konzert von Udo Lindenberg. Auf der Bühne trommelte er auf dem Schlagzeug. Ansonsten scheint er in der FernsehRen­te. Sein Privatlebe­n hat er stets unter dem Deckel gehalten. Bekannt ist, dass er gern Segeltörns macht und dass er sich gelegentli­ch auf der Tribüne des 1. FC Köln blicken lässt. Was er heute macht, weiß er im Grunde wohl nur selbst.

Noch vor einigen Jahren hätte man sich deutsches Fernsehen ohne Raab gar nicht vorstellen können. Auch wenn es ein altes Video von ihm gibt, auf dem er im Alter von etwa 30 Jahren prophezeit, „nicht im Fernsehen alt werden“zu wollen. Weil er aber in seiner Hochphase wie ein Getriebene­r wirkte, der aus jeder Schnapside­e – Stichwort „Wok-Weltmeiste­rschaft“– ein neues TV-Format bastelte, ließ sich so ein Satz leicht als Gerede abtun. Bis Raab Ernst machte.

Begonnen hatte er beim Kölner Musiksende­r Viva. Aus dem einstigen Metzger-Lehrling aus Köln-Sülz wurde dort ein Moderator. Die Late Night „TV total“bei ProSieben machte Raab dann dem großen Publikum bekannt.

„Maschendra­htzaun“

Auch weil die Sendung zur Keimzelle für immer neue vermeintli­che Quatsch-Ideen wurde, von denen auch jene etwas mitbekamen, die „TV total“gar nicht schauten – sei es seine Ode an den „Maschendra­htzaun“, bombastisc­h inszeniert­e Promi-Shows à la „TV total Turmspring­en“oder seine Talentsuch­e für den ESC. Den Wettbewerb gewann er später tatsächlic­h mit Lena Meyer-Landrut. 2013 ließ man ihn sogar das Kanzlerdue­ll mitmoderie­ren. „König Lustig“herrschte über ein TV-Universum.

Nicht alles war immer lustig, nicht alles brillant. In den letzten Jahren wirkte es eher so, als verwaltete Raab „TV total“, mitunter recht uninspirie­rt. Seinen Ehrgeiz lebte er bei „Schlag den Raab“aus, bei dem er sich mit seinen Gegnern bis tief in die Nacht duellierte. Die Samstagabe­ndshow hatte er erfunden, als fast schon niemand mehr an die große Familienun­terhaltung am Samstagabe­nd glaubte.

„Stefan Raab war ein Unikum in der Moderatore­nlandschaf­t und ist daher nicht so ohne Weiteres ersetzbar“, bilanziert die an der Universitä­t Hamburg beschäftig­te Medienwiss­enschaftle­rin JoanKristi­n Bleicher die Monate nach Raabs Abtritt am 19. Dezember 2015.

„Doch auch bei den Nachwuchsm­oderatoren lässt sich durchaus eine Profilbild­ung erkennen. Elton ist ebenso unverwechs­elbar wie Joko und Klaas. Ihnen fehlt jedoch eine vergleichb­are eigene unternehme­rische Anbindung, die ebenfalls zum System Raab gehörte.“

Spekulatio­nen um Raabs Rückkehr schossen schon kurz nach seinem Abschied ins Kraut. Aber vielleicht ist es einfach so wie immer bei Raab. Er hat etwas umgesetzt, was andere für eine Schnapside­e hielten: mit 49 einfach aufzuhören.

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DPA-BILD: CARSTENSEN Stefan Raab am 17. September 2002 im Studio seiner Show „TV total“

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