„Wer Peanuts zahlt, arbeitet mit Affen“
Schauspieler beklagen karge Entlohnung – Verständnis im Ausschuss, aber keine Lösung
Das von Oldenburger Schauspielern gegründete „Ensemble-Netzwerk“sorgt im Kampf um bessere Bedingungen bundesweit für Aufsehen. Mitinitiatorin Lisa Jopt wechselt nach Bochum.
OLDENBURG – Die Theaterbühne bezeichnet ein geflügeltes Wort als „die Bretter, die die Welt bedeuten“. Oftmals stehen diese Bretter jedoch nicht für die Welt, sondern schlichtweg für prekäre Arbeitsverhältnisse. Gerade junge Schauspieler verdienen so wenig, dass es kaum zum Leben reicht. Von dieser Situation berichteten am Dienstagnachmittag die Schauspieler Lisa Jopt, Johannes Lange und Pirmin Sedlmeier dem Verwaltungsausschuss des Oldenburgischen Staatstheaters. Das Trio gehört zu den Initiatoren des im vergangenen Jahr gegründeten „Ensemble-Netzwerks“, das sich bundesweit für eine bessere Bezahlung in der Branche einsetzt. Aus der Initiative ist mittlerweile ein Verein erwachsen: Jopt (33) ist die Vorsitzende, Lange (27) fungiert als Schatzmeister. Die Schauspieler schilderten eindrucksvoll, mit wie viel Leidenschaft sie für ihren Job „brennen“, ihr Aufwand stehe jedoch in keiner „gesunden“Relation zur Bezahlung.
Entgelt wie Küchenhilfen
„Ich verdiene mit 33 Jahren unglaublich wenig“, führte Jopt aus – und das trotz exzellenter Ausbildung: Vor ihren ersten Engagements – erst in Essen und seit der Spielzeit 2014/15 in Oldenburg – hatte sie sich unter 1100 Bewerbern für ein Elitestudium in Leipzig qualifiziert. „Ich bin jetzt im sechsten Berufsjahr und bekomme 2210 Euro brutto. Das sind 1380 Euro netto. Am Ende bleiben mir 590 Euro monatlich zum Leben“, berichtete die Schauspielerin. Die Mindestgage betrage 1765 Euro brutto – das entspreche in der Entgelttabelle der Tätigkeit von Boten oder Küchenhilfen, kritisierte Jopt. Und überspitzte: „Wer Peanuts zahlt, arbeitet mit Affen.“
Ihre Schilderungen lösten im Ausschuss Betroffenheit
Die Initiative
aus: „Es ist empörend, von welchem Kummerlohn Schauspieler leben müssen“, echauffierte sich Hans-Richard Schwartz (FDP). Politik und Tarifpartner seien gefordert, für Veränderungen zu sorgen. Auch Thomas Kossendey (Oldenburgische Landschaft) fand, dass die Leistung nicht angemessen entlohnt wird. Generalintendant Christian Firmbach stimmte zu, dass „wir alle die Mindestgage für zu niedrig halten“. Er verwies aber darauf, dass in Oldenburg das Gehalt im zweiten und dritten Jahr auf über 2000 Euro ansteige. „Das müssten wir nicht tun“, sagte Firmbach.
Kein Schlaraffenland
Er bat um Verständnis dafür, dass er als Intendant nicht aus der Finanzklemme herauskommt: „Wir leben nicht im Schlaraffenland.“Selbst wenn man auf eine Opernproduktion pro Spielzeit verzichtete, würden die dadurch eingesparten 50 000 Euro umgerechnet auf 40 Ensemblemitglieder nicht viel bringen, dafür aber für einen „immensen Angebotsschaden“sorgen, warnte Firmbach.
Ungleichbehandlung
Lisa Jopt machte auf Unterschiede zum Staatstheater Braunschweig aufmerksam: „Ein Kollege, der im selben Berufsjahr wie ich ist, bekommt dort 3200 Euro, macht aber ,nur’ drei Stücke pro Spielzeit.“Jopt wirkte in 2015/16 dagegen in fünf Stücken mit. Firmbach bezifferte die Differenz bei den Durchschnittsgagen indes nur auf 200 bis 300 Euro.
Auch Personalratsvorsitzender Rüdiger Kuntz kritisierte die Ungleichbehandlung zwischen Oldenburg und Braunschweig: „Braunschweig bekommt acht Millionen Euro im Jahr mehr vom Land, bei nicht viel mehr Zuschauern“, so Kuntz. Es müsse das Ziel sein, diese „politisch gewollte“Ungleichbehandlung zu beseitigen.
Annette Schwandner, die als Leiterin der Abteilung Kultur im niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur die Sitzung leitete, sagte, es gebe keine Ad-hoc-Lösung. Sie riet den Schauspielern, das Gespräch mit dem Bühnenverein und der Gewerkschaft zu suchen. Das Land nehme die Verpflichtung an, Tariferhöhungen auszugleichen.
Mit ihrer Initiative „Ensemble-Netzwerk“haben Lisa Jopt und ihre Mitstreiter bundesweit ein starkes MedienEcho ausgelöst. Im Frühjahr fand erstmals ein Bundestreffen mit Kollegen statt – „ein Meilenstein“, so Jopt.
Sie wird ihren Kampf indes nicht über die neue Spielzeit hinaus von Oldenburg aus fortsetzen. Die 33-Jährige hat ihren Vertrag am Staatstheater gekündigt und wechselt ans Schauspielhaus Bochum.