Steuerzahler für kleineren Bundestag
Der Präsident des Bundes der Steuerzahler über eine Parlamentsreform
BERLIN/EB – Der Bund der Steuerzahler fordert eine schnelle Reform des Wahlrechts. Der Verband sprach sich am Mittwoch dafür aus, den Bundestag auf maximal 500 Abgeordnete zu verkleinern. Hintergrund ist die Gefahr, dass sich der Bundestag nach der Wahl 2017 wegen unkalkulierbarer Überhangmandate auf bis zu 750 Abgeordnete aufblähen könnte.
FRAGE: Eigentlich sollte der Bundestag nach der Parlamentsreform kleiner werden. Jetzt droht er noch größer zu werden. Ist das nicht das falsche Signal? HOLZNAGEL: Die gesetzliche Mindestgröße des Bundestags beträgt 598 Abgeordnete. Seit der Wahl 2002 ist er aber ständig gewachsen. Aktuell haben wir 630 Parlamentarier. Wenn nach der Wahl 2017 plötzlich 750 Abgeordnete im Bundestag sitzen, ist das geradezu eine Explosion. Schuld daran ist das aktuelle Wahlrecht, nach dem das Parlament durch so genannte Ausgleichsmandate künstlich aufgebläht wird. Jeder weiß, dass Demokratie kostet. Doch das System der Ausgleichsmandate schafft keinen Mehrwert für die parlamentarische Arbeit, verursacht dabei aber erhebliche Kosten. Den Bürgern wird eine Entlastung dadurch verwehrt, dass der Solidaritätszuschlag immer noch nicht abgeschafft wird, die EEG-Umlage steigt 2017 auf Rekordhöhe, und bei den Sozialversicherungen stehen massive Beitragserhöhungen vor der Tür. Wenn die Politik aber beim Wahlrecht eine Möglichkeit zur Selbstbeschränkung hat, kneift sie. Das ist das völlig falsche Signal. FRAGE: Was bedeutet das konkret für die Steuerzahler? HOLZNAGEL: Allein die mandatsbezogenen Kosten eines Abgeordneten betragen rund 650 000 Euro im Jahr. Wenn wir tatsächlich 120 Bundestagsabgeordnete mehr haben werden als heute, bedeutet das Mehrkosten von jährlich mindestens 70 Millionen Euro – darin sind die Kosten für den Beamtenapparat der Verwaltung und die vielen Bundestagsliegenschaften noch gar nicht berücksichtigt. Bereits jetzt platzt der Bundestag aus allen Nähten. Ich kann mir nicht vorstellen, wie 120 zusätzliche Abgeordnete samt Mitarbeiter-Stab plus zusätzliche Beamte für die Verwaltung untergebracht werden sollen. Dies alles verursacht noch weitere Kosten. Ein Bundestag mit 750 Abgeordneten wäre pures Chaos! FRAGE: Wie sollte eine Wahlrechtsreform aussehen? HOLZNAGEL: In erste Linie geht es mir um Effizienz. Ein überdimensionierter Bundestag blockiert sich in seiner Arbeit selbst, die Arbeitsbedingungen würden der ehrwürdigen Rolle des Mandats nicht gerecht. Deshalb brauchen wir ein deutlich kleineres Parlament. 500 Abgeordnete sind genug! Dadurch werden die organisatorischen und parlamentarischen Abläufe straffer, die einzelnen Abgeordneten erhalten mehr Einfluss und die Verwaltung wird nicht unnötig aufgebläht. Dies erreichen wir, indem wir die Wahlkreise neu zuschneiden und ihre Anzahl verringern. Vor allem müssen wir die Ausgleichsmandate, die mit der Wahl 2013 eingeführt wurden, komplett wieder abschaffen. FRAGE: Kritik gibt es auch immer an der Höhe der Diäten und der Alterssicherung. Leben der Bundestag und die Abgeordneten auf zu großem Fuß? HOLZNAGEL: Grundsätzlich nein. Die Höhe der Entschädigungen halte ich für fair. Ärgerlich ist vielmehr, dass die Abgeordneten bei ihren Pensionen stoisch an der Vollalimentierung durch die Steuerzahler festhalten. Einige Länderparlamente sind hier schon viel weiter: In NRW zum Beispiel müssen die Abgeordneten seit mehr als zehn Jahren für ihre Altersvorsorge selbst aufkommen. Das halte ich für völlig angemessen. Ich würde mir wünschen, dass die Bundestagsabgeordneten bei diesem Thema in der Wirklichkeit ankommen und nicht länger am althergebrachten Geldsegen festhalten. Ein politisch kluger Zug wäre es, wenn das Pensionssystem umgestellt und die Abgeordneten etwa in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen würden.