Rosinenpicker
Durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs können Arzneimittel günstiger werden. Das klingt nach einer guten Nachricht. Tatsächlich fällt aber die Preisbindung nur für ausländische Versandapotheken, in Deutschland werden verschreibungspflichtige Medikamente in den Apotheken nicht günstiger. Für sie gilt nach wie vor die Preisbindung. Versandapotheken dürfen dagegen die in Deutschland vereinbarten und geltenden Zuzahlungen für verschreibungspflichtige Medikamente in Form von Boni und Rabatten an die Kunden weitergeben. Davon profitieren die Patienten, die an einer chronischen Erkrankung leiden, die aber nicht in den Genuss einer Zuzahlungsbefreiung kommen. Patienten, die an einer chronischen Erkrankung leiden, können nämlich eine solche Zahlungsbefreiung beantragen.
Durch das Urteil geraten die klassischen Apotheken unter Druck, die tags und (durch den Notdienst) nachts geöffnet haben. Ihre Dienstleistung nehmen wir im Krankheitsfall gerne wahr, regen uns aber hinter vorgehaltener Hand über die „Apothekerpreise“auf. Qualifizierte Beratung, das Anfertigen von Rezepturen, Tierarzneien oder Ausgabe von dokumentationspflichtigen Medikamenten, kurz: das Aufwändige, die Rundum-Versorgung und ständige Dienstbereitschaft dürfen die Apotheker in den Städten und Dörfern gern übernehmen, die Rosinen bleiben den Versendern. Dabei ist fraglich, ob wirklich alle Medikamente billiger werden, oder ob nicht vielleicht besonders hochpreisige Medikamente noch teurer werden.
Eine Preisbindung gibt es auch im deutschen Buchhandel. Sie gilt noch und hat bislang dafür gesorgt, dass es ein Buchhandelsangebot auch im ländlichen Raum gibt. Und sie hat gottlob alle Anfeindungen überstanden. Bei der Versorgung mit Arzneidienstleistungen überlegen die Verbraucher hoffentlich genau, wem sie vertrauen, bei wem sie ihre Rezepte einlösen und wem sie damit nützen.
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