Urteil betrifft Hauptumsatz
Dr. Gabriele Röscheisen-Pfeifer aus Oldenburg ist Mitglied im Vorstand der niedersächsischen Landesapothekerkammer.
FRAGE: Was bedeutet das Urteil für die Apotheker in Deutschland? RÖSCHEISEN-PFEIFER: Das bedeutet, dass wir in Deutschland immer noch der Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente unterliegen. Aber für die ausländischen Versandapotheken ist das nicht mehr so. Das ist für diese ein enormer Wettbewerbsvorteil. Und für die deutschen Apotheken sehr bitter. FRAGE: Welchen Anteil haben verschreibungspflichtige Arzneimittel am Umsatz der Apotheken? RÖSCHEISEN-PFEIFER: Für die meisten Apotheken bilden die verschreibungspflichtigen Medikamente, also die, die auf Rezept abgegeben werden, den Hauptumsatz. Darauf sind wir Apotheker angewiesen. In dieser Mischkalkulation ist auch die Beratung mit einberechnet, sowie Notdienste, individuell hergestellte Arzneimittel und Betäubungsmittel, die einer gesonderten lückenlosen Dokumentation und Abrechnung bedürfen. Wenn die Medikamente im Ausland bezogen werden können, haben die Versandapotheken einen Vorteil: Diese machen zum Beispiel keinen Notdienst für die Bevölkerung. Da sie keine Betäubungsmittel, Tierarzneimittel, Kühlarzneimittel und Akutmedikamente (z.B. die Pille danach) versenden, können sie keine Rundumversorger sein. Diese Teilversorgung ist eine Rosinenpickerei, die wir Apotheker überhaupt nicht gut finden. Abgesehen davon dient es nicht der flächendeckenden, zeitnahen und sicheren Versorgung der Patienten. FRAGE: Ändert sich durch das Urteil auch etwas für die Patienten? RÖSCHEISEN-PFEIFER: Ja, sie können natürlich ihre Versand-Apotheke frei wählen. Sie haben aber das Problem, eine sichere VersandApotheke als solche im Internet zu erkennen. Welche Apotheke im Ausland ist vertrauenswürdig? Es gibt ein EU-Sicherheitssiegel, auf das geachtet werden sollte. FRAGE: Aber verschreibungspflichtige Medikamente werden unter Umständen billiger? RÖSCHEISEN-PFEIFER: Es fragt sich, für wen es billiger wird. Patienten, die an einer chronischen Erkrankung leiden, können in Deutschland eine Zuzahlungsbefreiung bei der Krankenkasse beantragen.