Überflieger ist längst gelandet
Ex-Bremer Davie Selke in Leipzig nur Reservist – Wiedersehen am Sonntag
Im Sommer 2015 zog es das Talent überraschend vom Norden in den Osten. Während RB für Furore sorgt, stagniert die Karriere von Selke.
LEIPZIG/BREMEN – Es war der 1. April 2015, als die Meldung von Davie Selkes Wechsel von Werder Bremen zu RB Leipzig an die Öffentlichkeit drang. Viele Fans, selbst einige Medien, dachten im ersten Moment das, was an diesem Tag eben nahelag: Es handele sich um einen Aprilscherz. Selke, damals 20 Jahre jung, hatte bei Werder doch eigentlich alles. Einen Stammplatz im Sturm, einen Trainer (Viktor Skripnik), der ihn förderte, und Anhänger, die ihn in Bremen verehrten. Warum sollte so ein Überflieger den Schritt von der 1. in die 2. FußballBundesliga zurückgehen?
Schnell wurde aber klar, dass es sich mitnichten um einen Aprilscherz handelte. Selke zog zur Saison 2015/16 weiter nach Sachsen, Werder kassierte dafür etwa acht Millionen Euro Ablöse. Das Gesamtpaket in Leipzig und die Aussicht, mit dem Verein ebenfalls bald erstklassig zu sein, habe ihn überzeugt.
Bester Aufsteiger
Der Plan ging auf – zumindest der des Vereins. Rasenballsport stieg auf, spielt seit dieser Saison im Oberhaus. Der vom Brause-Hersteller Dietrich Mateschitz unterstützte Club ist nach sieben Spielen noch ungeschlagen, steht auf Rang drei und stellt damit den besten Aufsteiger aller Zeiten.
Ob auch Davie Selkes persönlicher Karriereplan in Leipzig aufgeht, dahinter stehen mehr denn je dicke Fragezeichen. Erst 81 Minuten verbrachte der inzwischen 21Jährige in dieser Saison auf dem Platz. Drei Kurzeinsätze und immerhin ein Tor beim 4:0 in Hamburg stehen zu Buche. Dann, wenn seine Mitspieler für Furore sorgen, sitzt Selke aber meist auf der Bank.
Der Stürmer selbst hat eine einfache Erklärung für seine Reservistenrolle. Weil er mit der deutschen U 23 im August bei den Olympischen Spielen in Rio Silber gewann, habe er nun Rückstand: „Im Nachhinein war es ein kleiner Nachteil, dass ich nicht die ganze Vorbereitung mitgemacht habe und die Jungs sich in einen Lauf gespielt haben.“Er habe gewusst, dass das passieren könne, würde es jedoch nicht bereuen, nach Brasilien gefahren zu sein.
An diesem Sonntag (15.30 Uhr) trifft Selke nun mit seinem neuen auf seinen alten Verein. Er spüre „pure Vorfreude“auf die Partie, sagt Selke, und sieht unter dem neuen Trainer Alexander Nouri Parallelen zu seiner Zeit an der Weser. „Die Mannschaft erinnert mich so ein bisschen an die Anfangszeit von Skripnik. Die Spieler, die das neue Vertrauen kriegen, zeigen, wie sie aufblühen. Das ist eine Mannschaft, die gerade eine Euphoriewelle erlebt.“Für die Arbeit Nouris findet Selke große Anerkennung: „Es ist beeindruckend, wie er das Team packen kann. Die Jungs zahlen es auf dem Platz zurück.“
Selke will nur spielen
Bei all dem Lob für Werder gibt Selke dann aber doch einen Einblick, dass er mit seiner Situation in Leipzig alles andere als zufrieden ist. „Ich fühle mich gut in Form und will zeigen, dass es ein Fehler war, mich draußen zu lassen. Ich will von der ersten Minute an spielen“, sagt der Angreifer.
Ob ihm RB-Trainer Ralph Hasenhüttl diesen Gefallen gegen Werder tun wird, ist allerdings äußerst fraglich. Yussuf Poulsen, Timo Werner und Emil Forsberg nehmen die Plätze in Leipzigs Offensive ein. Und weil diese derzeit auf Hochtouren läuft, ist es um Werders früheren Überflieger längst ziemlich still geworden.