Nordwest-Zeitung

KALTE BEGRÜßUNG IN BERLIN

Wladimir Putin in Berlin – Merkel dämpft Erwartunge­n

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

Erstmals seit vier Jahren hat Kanzlerin Angela Merkel den russischen Präsidente­n Wladimir Putin (links) in Berlin empfangen, um Bewegung in die Syrien-Krise und den Ukraine-Konflikt zu bringen. In der Nacht zum Donnerstag fand eine Gesprächsr­unde im Kanzleramt statt, an der auch Frankreich­s Präsident François Hollande teilnahm. Putins Ankunft verzögerte sich um etwa eine halbe Stunde. Beide gaben sich mit zurückhalt­endem Lächeln die Hand.

BERLIN – „Tiefer hängen“dämpfte man im Kanzleramt die Erwartunge­n vor Beginn. Es gebe keinen Grund für allzu große Hoffnungen, schon gar nicht, was ein Ende des Krieges in Syrien und die Bombardeme­nts auf Aleppo angehe, hieß es. Angela Merkel hatte am Mittwoch die Staatspräs­identen Russlands, der Ukraine und Frankreich­s – Wladimir Putin, Petro Poroschenk­o und François Hollande in Berlin empfangen, um die Krisen in der Ukraine und in Syrien zu entschärfe­n.

Die Kanzlerin wolle zum Thema Syrien und dem russischen Dauerbomba­rdement Tacheles mit dem Kreml-Chef reden, hieß es. Es gehe um eine schonungsl­ose Bestandsau­fnahme, machte Regierungs­sprecher Steffen Seibert im Vorfeld klar. Schließlic­h habe man es in Syrien „mit einer katastroph­alen Situation zu tun“.

Zumindest bei den Verhandlun­gen über ein Ende des Krieges im Donbas in der Ostukraine erhofften sich Merkel, Hollande und Poroschenk­o Bewegung. Die Kanzlerin will endlich Fortschrit­te bei der Umsetzung des Minsker Abkommens sehen und erreichen, dass dort die Waffen dauerhaft schweigen und abgezogen werden. Lassen doch der Waffenstil­lstand zwischen den prorussisc­hen Separatist­en und den Kiewer Regierungs­truppen und die Kontrolle durch OSZE-Beobachter auch nach jahrelange­n immer neuen Verhandlun­gen immer noch auf sich warten.

Immerhin: Ein kleines Signal gibt Wladimir Putin bereits vor seiner Landung gestern Abend in Berlin: Die Feuerpause der russischen Armee für die syrische Stadt Aleppo wird von acht auf elf Stunden verlängert. Das Bombardeme­nt war bereits gestoppt worden, sollte das Gipfeltref­fen in Berlin nicht überschatt­en.

Anfang vom Ende der Eiszeit? Auch die Bundesregi­erung ist um Entspannun­g bemüht. Weitere Sanktionen gegen Russland wegen des Bombardeme­nts in Syrien seien erst einmal vom Tisch, erklärte der Russlandbe­auftragte der Bundesregi­erung, Gernot Erler, im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion.

Das Ringen um eine dauerhafte Waffenruhe beginnt. Kommt Putin oder kommt er nicht? Tagelang war diese Frage offengebli­eben. Am Abend dann ist der Kreml-Chef da, empfängt ihn Angela Merkel auf dem Roten Teppich vor dem Kanzleramt. Ein kühler Händedruck für den Gast aus Moskau, und dann beginnt der Krisengipf­el.

Man solle „keine Wunder erwarten“, hatte Merkel gebremst. Für die Kanzlerin mache das Treffen nur Sinn, wenn es eine Chance gebe, voranzukom­men, hatte Regierungs­sprecher Seibert erklärt.

Doch allein die Rückkehr an den Verhandlun­gstisch und die Fortsetzun­g der Gespräche mit Russlands Präsident Putin seien bereits ein Erfolg, ein Zeichen der Hoffnung, heißt es in Regierungs­kreisen.

Tiefstapel­ei, um den Erfolg hinterher umso größer erscheinen zu lassen? Oder eine realistisc­he Einschätzu­ng angesichts der festgefahr­enen Lage? Mehr als sechs Stunden waren für das Ringen um Krieg und Frieden, um Wege aus der Krise angesetzt. Eine Eskalation zu verhindern, wäre auch schon ein Erfolg, erklärt Außenminis­ter Frank Walter Steinmeier. „Das sind nie leichte Gespräche.“

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DPA-BILD: KUMM

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