Nordwest-Zeitung

Kein Ende der Eiszeit

Frankreich und Deutschlan­d zeigen im Gespräch mit Russland Härte

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

BERLIN – Am Tag danach macht Angela Merkel weiter Druck: Was in Aleppo mit russischer Unterstütz­ung geschehe, sei „völlig unmenschli­ch“, fordert die Bundeskanz­lerin eine harte und entschiede­ne Haltung der EU-Partner gegenüber Russlands Präsident Wladimir Putin. Schnellstm­öglich müsse an einem dauerhafte­n Waffenstil­lstand im syrischen Aleppo gearbeitet werden, appelliert Merkel in Brüssel.

Erleichter­ung allenthalb­en vor allem über die Fortschrit­te zur Umsetzung des Minsker Abkommens auf dem Weg zu einer Waffenruhe in der Ostukraine, aber Skepsis, ob die russischen Zusagen diesmal auch eingehalte­n oder einmal mehr gebrochen werden.

Kleine Schritte statt historisch­er Beschlüsse. Am Ende steht zumindest Hoffnung auf Fortschrit­te in der Ukraine, aber Ernüchteru­ng, was den Krieg in Syrien angeht. „Eine sehr klare und auch sehr harte Aussprache“habe es über den Krieg in Syrien und das russische Bombardeme­nt von Aleppo gegeben, erklärte Merkel eine halbe Stunde nach Mitternach­t Seite an Seite mit Frankreich­s Präsident François Hollande im Berliner Kanzleramt.

Und Hollande wurde sogar noch deutlicher: „Was gerade in Aleppo passiert, ist ein Kriegsverb­rechen. Ein echtes Kriegsverb­rechen“, sagte er. Nicht einmal zu einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit dem Kremlchef hatte es mehr gereicht. Russlands Präsident Putin schilderte seine Sicht der Dinge vor dem Rückflug nach Moskau in der Abflughall­e des Regierungs­flughafens in Tegel.

Sechs Stunden mit Putin, der seit vier Jahren nicht mehr im Berliner Kanzleramt gewesen war. Frostiger Empfang auf dem Roten Teppich im Ehrenhof, harte Auseinande­rsetzungen und deutliche Worte am runden Verhandlun­gstisch oben im fünften Stock der Regierungs­zentrale und am Ende zumindest ein Funken Hoffnung. Zwar habe auch dieser Gipfel „keine Wunder bewirkt“, wie sie vorausgesa­gt habe, so die Kanzlerin, doch sei das Gespräch „aller Mühe wert“gewesen.

Schließlic­h können sich alle ein wenig als Gewinner fühlen. Immerhin hatte die Kanzlerin dafür gesorgt, dass der Gesprächsf­aden mit dem Kreml-Chef in dieser schwierige­n Situation nicht abreißt und es Verhandlun­gen gibt, um eine weitere Eskalation zu verhindern und die Kriege in den Krisengebi­eten zu stoppen.

Putin bleibt nicht länger isoliert, machte lediglich im Konflikt um die Ostukraine kleine Zugeständn­isse. So einigte man sich auf einen Fahrplan, eine neue Roadmap in Richtung Waffenruhe und Autonomiep­rozess in der Ostukraine. Eine robuste OSZEPolize­imission soll den Prozess überwachen, was Putin in der Vergangenh­eit abgelehnt hatte.

Keine Annäherung dagegen beim Thema Syrien: Allein, dass darüber gesprochen wurde, wird in Berlin als Erfolg gewertet. Doch dürfe es „nicht um das Reden um des Redens willen“gehen, sondern darum, eine klare Haltung zu zeigen, machte Merkel deutlich. Die Option weiterer Sanktionen gegen Russland wegen des anhaltende­n Bombardeme­nts in Syrien, so die Botschaft der Kanzlerin, sei nicht vom Tisch.

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DPA-BILD: KAPPELER Angela Merkel und François Hollande treten nach dem Russland-Gipfel allein vor die Presse.

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