Landwirte mit Optimismus in der Krise
Bauernpräsident in Oldenburg mit Bekenntnis zum Markt – Offen für Tierwohl-Label
Kammerpräsident Schwetje warnt vor einem Wegbrechen kleiner Betriebe. Am Rande der Veranstaltung gab es eine Protestaktion.
OLDENBURG – Trotz Preiskrisen bei wichtigen Agrarprodukten wie Milch und Schweinefleisch sehen der Deutsche Bauernverband (DBV) und die Landwirtschaftskammer Niedersachsen gute Perspektiven für die hiesige Landwirtschaft. „Ohne Landwirtschaft hat die Welt keine Zukunft und auch Deutschland nicht“, sagte DBV-Präsident Joachim Rukwied am Donnerstag beim 17. Unternehmertag in Oldenburg, den die Kammer gemeinsam mit dem Landvolkverband und der Arbeitsgemeinschaft der Volks- und Raiffeisenbanken in WeserEms organisiert hatte.
Vor knapp 1000 Gästen wies Rukwied auf die guten Voraussetzungen, wie die gut aufgestellten Betriebe, den „top ausgebildeten“Nachwuchs, die gute Infrastruktur und als „Trumpf-Ass“einen Markt mit 500 Millionen Menschen und einer überdurchschnittlichen Kaufkraft in Europa hin.
„Ich bekenne mich zum Markt, aber zu einem Markt mit sozial verträglichen Regeln“, sagte Rukwied. Der Verband zeige sich offen für Verhandlungen über Freihandelsabkommen wie TTIP. Maßstab müssten aber die hiesigen Standards sein.
Ein klares Bekenntnis gab Rukwied auch zur Tierhaltung in Deutschland ab. Zugleich kritisierte er Medienbeiträge, bei denen „wie nach einem Drehbuch“Missstände in einzelnen Ställen aufgezeigt und einzelne Halter persönlich diffamiert würden.
Der Bauernpräsident appellierte an die Landwirte, offen für Diskussionen zu sein. Er signalisierte Bereitschaft für das von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt angestrebte Tierwohl-Label. Dies müsse aber verbunden werden mit der Initiative Tierwohl und einem höheren Ausgleich für die teilnehmenden Bauern. Bei der Initiative erhalten Bauern Geld, wenn sie Verbesserungen in den Ställen, etwa beim Platzbedarf, durchführen. Rukwied sieht aber auch die Konsumenten in der Pflicht: „Wenn der Verbraucher mehr Tierwohl will, dann muss er auch bereit sein, an der Ladenkasse mehr zu zahlen.“
LandwirtschaftskammerPräsident Gerhard Schwetje bezeichnete die Landwirtschaft als eine der weltweit „wichtigsten Wachstums- und Zukunftsbranchen“. Er warnte aber vor einem weiteren Wegbrechen kleiner und mittlerer Betriebe. Bereits seit Jahrzehnten würde die Landwirtschaft starken strukturellen Veränderungen unterliegen. „Nunmehr wird der Druck für viele aber zu groß“, warnte Schwetje. „Das Gürtelengerschnallen dauert für viele bereits zu lange.“
Prof. Harald von Witzke, Agrarforscher an der Berliner Humboldt Universität, betonte die Bedeutung der modernen Landwirtschaft. Der Bedarf der Welt an Nahrungsgütern werde sich in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts mehr als verdoppeln. Da eine Ausdehnung landwirtschaftlicher Nutzflächen nur noch begrenzt möglich sei, müssten 90 Prozent des künftigen Bedarfs an Nahrungsgütern durch Ertragssteigerungen auf den vorhandenen landwirtschaftlichen Flächen erreicht werden. „Dies wird nur durch eine moderne, hochproduktive und innovative Landwirtschaft möglich sein“, sagte von Witzke.
Am Rande der Veranstaltung kam es zu einer Protestaktion. Eine kleine Gruppe von Milchbauern aus dem Nordwesten protestierte mit einem Transparent vor dem Saal gegen die niedrigen Milchpreise und kritisierte die Politik des Bauernverbandes.