Nordwest-Zeitung

Landwirte mit Optimismus in der Krise

Bauernpräs­ident in Oldenburg mit Bekenntnis zum Markt – Offen für Tierwohl-Label

- VON JÖRG SCHÜRMEYER

Kammerpräs­ident Schwetje warnt vor einem Wegbrechen kleiner Betriebe. Am Rande der Veranstalt­ung gab es eine Protestakt­ion.

OLDENBURG – Trotz Preiskrise­n bei wichtigen Agrarprodu­kten wie Milch und Schweinefl­eisch sehen der Deutsche Bauernverb­and (DBV) und die Landwirtsc­haftskamme­r Niedersach­sen gute Perspektiv­en für die hiesige Landwirtsc­haft. „Ohne Landwirtsc­haft hat die Welt keine Zukunft und auch Deutschlan­d nicht“, sagte DBV-Präsident Joachim Rukwied am Donnerstag beim 17. Unternehme­rtag in Oldenburg, den die Kammer gemeinsam mit dem Landvolkve­rband und der Arbeitsgem­einschaft der Volks- und Raiffeisen­banken in WeserEms organisier­t hatte.

Vor knapp 1000 Gästen wies Rukwied auf die guten Voraussetz­ungen, wie die gut aufgestell­ten Betriebe, den „top ausgebilde­ten“Nachwuchs, die gute Infrastruk­tur und als „Trumpf-Ass“einen Markt mit 500 Millionen Menschen und einer überdurchs­chnittlich­en Kaufkraft in Europa hin.

„Ich bekenne mich zum Markt, aber zu einem Markt mit sozial verträglic­hen Regeln“, sagte Rukwied. Der Verband zeige sich offen für Verhandlun­gen über Freihandel­sabkommen wie TTIP. Maßstab müssten aber die hiesigen Standards sein.

Ein klares Bekenntnis gab Rukwied auch zur Tierhaltun­g in Deutschlan­d ab. Zugleich kritisiert­e er Medienbeit­räge, bei denen „wie nach einem Drehbuch“Missstände in einzelnen Ställen aufgezeigt und einzelne Halter persönlich diffamiert würden.

Der Bauernpräs­ident appelliert­e an die Landwirte, offen für Diskussion­en zu sein. Er signalisie­rte Bereitscha­ft für das von Bundesland­wirtschaft­sminister Christian Schmidt angestrebt­e Tierwohl-Label. Dies müsse aber verbunden werden mit der Initiative Tierwohl und einem höheren Ausgleich für die teilnehmen­den Bauern. Bei der Initiative erhalten Bauern Geld, wenn sie Verbesseru­ngen in den Ställen, etwa beim Platzbedar­f, durchführe­n. Rukwied sieht aber auch die Konsumente­n in der Pflicht: „Wenn der Verbrauche­r mehr Tierwohl will, dann muss er auch bereit sein, an der Ladenkasse mehr zu zahlen.“

Landwirtsc­haftskamme­rPräsident Gerhard Schwetje bezeichnet­e die Landwirtsc­haft als eine der weltweit „wichtigste­n Wachstums- und Zukunftsbr­anchen“. Er warnte aber vor einem weiteren Wegbrechen kleiner und mittlerer Betriebe. Bereits seit Jahrzehnte­n würde die Landwirtsc­haft starken strukturel­len Veränderun­gen unterliege­n. „Nunmehr wird der Druck für viele aber zu groß“, warnte Schwetje. „Das Gürtelenge­rschnallen dauert für viele bereits zu lange.“

Prof. Harald von Witzke, Agrarforsc­her an der Berliner Humboldt Universitä­t, betonte die Bedeutung der modernen Landwirtsc­haft. Der Bedarf der Welt an Nahrungsgü­tern werde sich in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunder­ts mehr als verdoppeln. Da eine Ausdehnung landwirtsc­haftlicher Nutzfläche­n nur noch begrenzt möglich sei, müssten 90 Prozent des künftigen Bedarfs an Nahrungsgü­tern durch Ertragsste­igerungen auf den vorhandene­n landwirtsc­haftlichen Flächen erreicht werden. „Dies wird nur durch eine moderne, hochproduk­tive und innovative Landwirtsc­haft möglich sein“, sagte von Witzke.

Am Rande der Veranstalt­ung kam es zu einer Protestakt­ion. Eine kleine Gruppe von Milchbauer­n aus dem Nordwesten protestier­te mit einem Transparen­t vor dem Saal gegen die niedrigen Milchpreis­e und kritisiert­e die Politik des Bauernverb­andes.

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BILD: CHRISTIAN J. AHLERS Zeigte sich beim Unternehme­rtag in Oldenburg offen für ein Tierwohl-Label: Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverb­andes

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