Wahnsinnsszenen und kerniger Klang
Konzert des Barockensembles im Oldenburger Schloss – Mit Mitgliedern des Staatsorchesters
OLDENBURG – Eine Hassliebe soll es gewesen sein: Hier der Sänger, der sich seines Erfolges durchaus bewusst war, da der Komponist, der sich nicht als Diener der Sänger verstehen wollte. Trotz aller Differenzen haben Star-Kastrat Senesino, 1686 als Francesco Bernardi geboren, und Georg Friedrich Händel (1685–1759) gut zwei Jahrzehnte lang höchst erfolgreich zusammengearbeitet. Zahlreiche Opernpartien hat Händel dem Sänger auf den Leib komponiert, der damit seinerseits die Zuhörer begeistern konnte.
Klanglich und atmosphärisch ließ das von Thomas Bönisch vom Cembalo aus geleitete Oldenburger Barockensemble, bestehend aus Mitgliedern des Oldenburgischen Staatsorchesters, zusammen mit dem Countertenor Leandro Marziotte in eben jene Zeit eintauchen – ganz ohne übertriebenen Bühnenzauber und Eitelkeiten, dafür mit barocker Farbvielfalt, wie Bönisch auch angekündigte.
Schon mit der Arie des Bertarido aus Händels „Rodelinda“trifft Marziotte mit warmem Timbre und seidigem Schmelz den Nerv des Publikums im vollbesetzten Saal des Oldenburger Schlosses. Gleiches gilt für die Wahnsinnsszene aus Händels „Orlando“, wenn da auch ein wenig mehr Energie und dynamische Präsenz gegenüber dem Instrumentalensemble fehlen.
Das Barockensemble überzeugt mit facettenreichem Spiel. Überzeugend ist der Auftritt von Joaquim Palet und Johannes Birk, die in Vivaldis Concerto für 2 Hörner und Streicher F-Dur RV 538 den Farbenreichtum um vollen und angenehm scharfen Naturhornklang ergänzen. Sie liefern einen schönen Kontrast zum satten und weichen Celloton von Fabian Boreck in derselben Komposition.
Böhnisch nimmt in seiner Moderation alle mit, vermittelt nicht allein musikgeschichtlich Interessantes, sondern erklärt auf angenehme Weise Kompositionsideen und macht damit das Gehörte nachvollziehbar.
Die Auszüge aus Händels „Giulio Cesare“lassen zum Schluss ein weiteres Mal barocke Opernfaszination aufkommen. Dem kernigen Ensembleklang steht Marziottes leicht geführter und brillanter Countertenor gegenüber. Am Ende Parallelen zu Senesino aufzumachen, würde in so einigen Punkten hinken. Eine Verbindung aber steht fest: Das Publikum ist auch hier begeistert.