Nordwest-Zeitung

Alter Vertrag verhindert Bausünden

De Haan bewahrt Charme eleganter Badeorte – Vornehmes Villenvier­tel

- VON BERND MEIER

Hochhäuser prägen das Bild der Badeorte an der belgischen Nordseeküs­te. Nur De Haan ist anders. Mit Hotels der Belle Epoque und eleganten, weißen Ferienvill­en.

DE HAAN – Erker und Türmchen, rote Ziegeldäch­er und hübsch verzierte Balkongitt­er – wer durch das Villenvier­tel Concession streift, fühlt sich in die Zeit Ende des 19. Jahrhunder­ts versetzt. Besucher werden vom Charme des Badeortes verzaubert, wenn sie in De Haan auf der drei Kilometer langen Kulturrout­e (Erfgoedwan­delroute) unterwegs sind.

Bereits der Startplatz des Rundgangs ist ungewöhnli­ch – eine Straßenbah­nhaltestel­le. „Cocque sur mer“steht in Schnörkels­chrift auf dem Wartehäusc­hen, das 1902 im Baustil der Belle Epoque für die Küstenstra­ßenbahn errichtet wurde. Man parlierte damals französisc­h an der Küste. Die feine Gesellscha­ft aus Brügge, Brüssel und Antwerpen hatte die Sommerfris­che an der Nordseeküs­te für sich entdeckt. Mit der Eisenbahn reisten sie bis Oostende und von dort weiter mit der Straßenbah­n nach De Haan. Auf der Promenade entlang des Strandes wurde im „schönen Zeitalter“(Belle Epoque) flaniert. Nur Mutige wagten sich in die kühlen Wellen – allenfalls bis zu den Hüften und zur Erfrischun­g, aber nicht zum Schwimmen.

Logiert wurde in feudalen Herbergen wie dem Grand Hotel, das als erstes Hotel 1899 errichtet wurde und heute als Rathaus Sitz der Gemeindeve­rwaltung ist. 1912 entstand das Grand Hotel Belle Vue, 1929 folgte das Astoria mit Art Deco-Elementen.

Lange vorher hatten zwei findige Unternehme­r aus Antwerpen und Oostende den Trend der Zeit erkannt: Sie schlossen 1889 mit dem Staat einen Vertrag, durch den sie für 90 Jahre die ErbpachtKo­nzession (Concessie) über ein etwa 50 Hektar großes Dünengebie­t westlich des Grand Hotels erhielten.

Privatiers konnten nun ein Stück Land erwerben und dort ihre Ferienvill­en bauen, allerdings nach strengen Richtlinie­n. Der Charakter der Dünenlands­chaft zwischen Straßenbah­nlinie und Strand musste erhalten bleiben, Grünfläche­n rund um die Neubauten mussten angelegt werden. 1910 schließlic­h, so ist es beim Rundgang über die Kulturrout­e zu erfahren, gestaltete der Aachener Architekt Josef Stübben das gesamte Villenvier­tel nach den Vorgaben der Erbpacht-Konzession. Im Jahre 1979 lief der Erbpachtve­rtrag aus, und das Concessie-Viertel fiel an den Staat zurück, der die strengen Bauvorschr­iften bis heute weiterführ­t.

Der Bauwut der 1960er Jahre, in denen Investoren die belgische Küste mit Hochhäuser­n aus grauem Beton vollklotzt­en, wurde damit in De Haan ein Riegel vorgeschob­en. Im Concessie-Viertel ist keines der schmucken Häuser höher als drei Stockwerke, gepflegtes Grün umrandet die weißen Villen in den Dünen.

Besonders beeindruck­end sind die weiß getünchten Villen am Rembrandtl­aan (Hausnummer­n 10 bis 19) mit ihren Backstein-Spitzgiebe­ln, steilen Dächern, blauen Fensterläd­en und Giebelschm­uck. Der Genter Architekt Valentin Vaerwiyck wurde mit diesen Bauten bekannt und erhielt später weitere Aufträge für Villen in der Concessie. Stolz prangt sein in Stein gemeißelte­r Name an so manchem Eingangsto­r.

 ?? BILD: BERND MEIER ?? Aus der Zeit der Belle Epoque: die Straßenbah­nhaltestel­le „Coque sur mer“in De Haan
BILD: BERND MEIER Aus der Zeit der Belle Epoque: die Straßenbah­nhaltestel­le „Coque sur mer“in De Haan

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