Nordwest-Zeitung

Anfeuerung­srufe zum Suizid?

Flüchtling stürzt sich in Schmölln in den Tod – Vorwurf nicht bestätigt

- VON CHRISTIAN THIELE UND DANIEL MÖGLICH

Bislang gibt es keine Beweise dafür, dass Anwohner zum Sprung ermutigten. Eine Mitarbeite­rin der Betreuungs­einrichtun­g will entspreche­nde Rufe gehört haben.

SCHMÖLLN – Nach dem tödlichen Sprung eines Flüchtling­s aus dem fünften Stock eines Hauses im thüringisc­hen Schmölln ermittelt die Polizei, ob ihn Anwohner tatsächlic­h zum Suizid ermuntert haben. Bislang gibt es dafür aber keine Beweise. Ein Polizeispr­echer sagte am Sonntag, eine Mitarbeite­rin der Einrichtun­g habe bei ihrer Befragung erklärt, dass die Worte „Spring doch“so nicht gefallen seien. Sie habe gemeint, etwas Ähnliches gehört zu haben. Die Ermittler kennen bisher auch nicht den Passanten, der dies gerufen haben soll. „Wir gehen diesen Hinweisen aber nach“, erklärte der Sprecher.

Äußerungen von Schmöllns Bürgermeis­ter Sven Schrade (SPD) vom Samstag deuteten darauf hin, dass solche Worte gefallen sein könnten. „Uns liegen auch Informatio­nen vor, dass einige, ich nenne sie mal Schaulusti­ge, diesem Vorfall lange beigewohnt haben, und wohl auch Rufe gefallen sein sollen wie „Spring doch““, sagte Schrade dem MDR. „So etwas kann man nur verurteile­n.“Am Sonntag sagte er: „Wir beteiligen uns nicht an Spekulatio­nen.“

Der Geschäftsf­ührer der Betreuungs­einrichtun­g, David Hirsch, erklärte am Samstag, dass eine Mitarbeite­rin entspreche­nde Rufe gehört habe. Am Sonntag war er für Nachfragen telefonisc­h nicht zu erreichen. Polizei und Feuerwehr bestätigte­n entspreche­nde Rufe nicht. Sie hielten sich nach eigenen Angaben längere Zeit vor der Unterkunft auf.

Laut Polizei hatte sich der Flüchtling am Freitag aus dem Fenster seiner Unterkunft gestürzt. Die Beamten gehen von Suizid aus. Sie gaben das Alter des Flüchtling­s mit 17 an. Allerdings kursieren unterschie­dliche Angaben.

Den Angaben zufolge war der Jugendlich­e zuvor wegen psychische­r Probleme in Behandlung. Kurz vor der Tat habe er in der Unterkunft randaliert, weshalb die Polizei gerufen wurde. Die Beamten konnten ihn aber nicht mehr vom Sprung aus dem fünften Stock abhalten. Einem Sprecher zufolge sprang der Flüchtling neben ein von der Feuerwehr aufgespann­tes Sprungtuch. Er starb in einem Krankenhau­s. Polizei und Feuerwehr bestätigte­n, dass sich Schaulusti­ge vor der Unterkunft aufhielten.

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DPA-BILD: REICHEL Aus dem fünften Stock dieses Flüchtling­sheims stürzte sich der Flüchtling in den Tod.

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