„Nachrichtendienste versagen bei NSU-Aufklärung“
Rechtsextremismusforscher Samuel Salzborn sieht Linksextremismus zu stark im Fokus
GÖTTINGEN/FRANKFURT/EPD – Der Rechtsextremismusforscher Samuel Salzborn wirft den deutschen Nachrichtendiensten institutionelles Versagen beim Verhindern und Aufklären der Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) vor. Er sehe eine „Verselbstständigung der Exekutive“, die sich der Kontrolle durch das Parlament entziehe, sagte der Göttinger Politologe am Samstagabend bei der Tagung „Fünf Jahre nach dem Öffentlichwerden des NSU“an der Frankfurt University of Applied Sciences in Frankfurt am Main.
Mitarbeiter des Verfassungsschutzes beriefen sich vor dem NSU-Untersuchungsausschuss auffällig häufig auf Erinnerungslücken oder meldeten sich krank, wenn sie aussagen sollten, betonte Salzborn. „Man kann ja durchaus mal krank werden, aber dieses Ausmaß drückt schon eine Grundhaltung aus.“Der Professor der Universität Göttingen forderte, dass die Parlamente ihre Kontrolle besser durchsetzen sollten.
Leider konzentrierten sich viele Verfassungsschutzämter einseitig auf den Linksextremismus, kritisierte Salzborn. Mitarbeiter von Nachrichtendiensten schrieben wissenschaftliche Arbeiten, die die Bedrohung durch die radikale Linke betonten, und machten diese Arbeiten anschließend wiederum zur Grundlage ihrer Arbeit. Dieses Vorgehen sei ein „bemerkenswerter Zirkelschluss“.