Nordwest-Zeitung

Polizei sieht keine Anzeichen für Suizidaufr­ufe

Flüchtling in Thüringen nicht zum Fensterspr­ung aufgeforde­rt

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SCHMÖLLN DPA – Nach Ermittlung­en zum Suizid eines Flüchtling­s im ostthüring­ischen Schmölln geht die Polizei nicht davon aus, dass Augenzeuge­n den jungen Somali zu der Tat auffordert­en. „Nach jetzigem Kenntnisst­and ist das nicht der Fall“, sagte ein Sprecher der Landespoli­zeidirekti­on am Montag. Zuvor hatte bereits Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) angezweife­lt, dass sich das Geschehen so wie beschriebe­n zugetragen habe.

Der Flüchtling war am Freitag vom Fensterbre­tt seiner Wohnung im fünften Stock eines Plattenbau­s gesprungen und an seinen Verletzung­en gestorben. Schaulusti­ge sollen ihn mit Rufen wie „Spring doch“zu der Tat aufgeforde­rt haben. Die angebliche­n Aufforderu­ngen hatten bundesweit für Entsetzen gesorgt. Aussagen von Schmöllns Bürgermeis­ter Sven Schrade (SPD) hatten darauf hingedeute­t.

Die vermeintli­chen Äußerungen seien sehr schnell „kolportier­t“worden, sagte der Polizeispr­echer. „Diejenigen, die das am Anfang gesagt haben, konnten das in der Zeugenbefr­agung nicht mehr deutlich verifizier­en.“Eine Mitarbeite­rin der Einrichtun­g, die minderjähr­ige Flüchtling­e betreut, will entspreche­nde Rufe gehört haben. Bei einer Befragung durch die Polizei bestätigte­n sich zumindest Worte wie „Spring doch“nicht.

Bodo Ramelow beklagte eine reflexhaft­e Verurteilu­ng Ostdeutsch­lands. „Fremdenfei­ndlichkeit ist kein ostdeutsch­es Problem, sondern ein weit in Europa verbreitet­es Problem.“Der Flüchtling war wegen psychische­r Probleme in Behandlung.

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