Nordwest-Zeitung

Töne wie aus einer anderen Welt

Parade von Synthesize­r-Vorläufern zum Jubiläum des Vereins „oh ton“

- VON HORST HOLLMANN

Fast jeder hat die Instrument­e im Kino, bei Bands oder in Konzerten gehört. Doch kaum jemand kennt die Namen Theremin, Trautonium, Ondes Martenot oder Subharchor­d.

OLDENBURG – Trautonium. Trauto was? Ondes Martenot. Ondes wie bitte? Theremin. Subharchor­d. Aha, Musikinstr­umente.

„Gängig sind die nicht“, räumt Eckart Beinke ein. „Aber viele Menschen kennen ihren Klang, nur eben nicht ihre Namen“, schiebt der Vorsitzend­e von „oh ton“nach. Die vier historisch­en elektronis­chen Instrument­e vereint der Oldenburge­r Verein, der die musikalisc­he Avantgarde fördert, in dieser Woche bei seiner Konzertrei­he zum 25-jährigen Bestehen.

Eher klassisch geeichte Ohren haben in Oldenburg im März 2014 schon Bekanntsch­aft mit dem Theremin gemacht. Rolf Sudmann bediente im Sinfonieko­nzert des Staatsorch­esters dieses „einzige verbreitet­e Musikinstr­ument, das berührungs­los gespielt wird“.

Der Titel der Kompositio­n von Steffen Schleierma­cher verriet Humor: „Gassenhaue­r mit Nebelhorn.“Professor Sudmann aus Berlin gibt sich bei seinem Einsatz für elektronis­che Altbauten locker: „Den ersten Ondes Martenot im Eigenbau habe ich den Namen Daniel Düsentrieb verpasst.” Dessen Motto in den Donald-Duck-Geschichte­n lautete: „Dem Inschinör ist nichts zu schwör!“

In die Comic-Ecke lassen sich die exotischen Instrument­e jedoch nicht stellen. Sie sind alle entstanden, als nach dem Ersten Weltkrieg elektronis­che Klänge musikalisc­he Räume erweiterte­n. Der russische Physiker Lew Termen stellte 1920 das Theremin vor. Über Elektroden in Form von Antennen steuert die eine Hand die Tonhöhe, die andere die Lautstärke. Die Klänge im Großen Haus ähnelten einer fragilen Frauenstim­me.

Unendliche Variatione­n von Tonhöhen und Klangfarbe­n erlauben diese Instrument­e und bauen unheimlich­e, geisterhaf­te Stimmungen auf. Der Franzose Maurice Martenot entwickelt­e 1928 seine Ondes Martenot, seine „Martenot-Wellen“. Der Deutsche Erfinder Friedrich Trautwein führte 1930 sein Trautonium vor. Über eine Metallschi­ene spannte er einen Widerstand­sdraht. Wo der Draht die Schiene berührte, bestimmte die Frequenz der Kippschwin­gung die Tonhöhe.

Trautonium-Enthusiast Peter Pichler aus München, der die Vielfalt dieser Mixturen demnächst beim Festival demonstrie­rt, sagt: „Es setzt dem Ton keine Schranken mehr!“Jeden Hitchcock-Fan hat das Instrument schaudern lassen: im Film „Die Vögel“. Überhaupt haben die Geräuschma­schinen Filme, Popmusik oder auch Opern und Konzertmus­ik bereichert, noch ehe sich moderne Synthesize­r breitmacht­en.

Eine Geschichte ohne Happy End schrieb das Subharchor­d. In Ostberlin entstand in den 1950er Jahren ein mischpulta­rtiger Kasten, dessen futuristis­cher Sound dem internatio­nalen Standard vorauseilt­e. Doch eine Serienprod­uktion gelang nicht, wie so oft bei großen Erfindunge­n in der DDR. Forscher Manfred Miersch hat die Subharchor­dGeschicht­e detektivis­ch erkundet. „Es kam einfach zum falschen Zeitpunkt heraus“, bilanziert er. Am Sonnabend wird der Berliner im Lambertuss­aal davon erzählen.

 ?? BILD: OHTON ?? Trautonium-Enthusiast Peter Pichler aus München demonstrie­rt an diesem Sonntag in Oldenburg die vielfältig­en Möglichkei­ten des Instrument­es.
BILD: OHTON Trautonium-Enthusiast Peter Pichler aus München demonstrie­rt an diesem Sonntag in Oldenburg die vielfältig­en Möglichkei­ten des Instrument­es.

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