Hamburgs Fußball in tiefer Krise
HSV und St. Pauli jeweils Letzter – Beide am Abend im Pokal gefordert
Die sportliche Lage könnte bei den Vereinen schwieriger kaum sein. Sie gehen unterschiedlich mit ihren Krisen um.
HAMBURG – Der HSV Letzter in der Bundesliga, der FC St. Pauli Letzter in der 2. Liga – Hamburgs Fußball-Aushängeschilder stecken im tiefen Schlamassel. Beide verfolgen aber gegensätzliche Wege der Krisenbewältigung. Beim Hamburger SV ist Trainer Bruno Labbadia vor wenigen Wochen entlassen und durch Markus Gisdol ersetzt worden, eine positive Wirkung ist nicht zu spüren. Nun gerät sogar Club-Boss Dietmar Beiersdorfer in die Kritik. Beim FC St. Pauli spielen Personaldiskussionen noch keine Rolle.
HSV am Tiefpunkt
Beide Teams bewerten die zweite DFB-Pokalrunde an diesem Dienstag (20.45 Uhr) unterschiedlich. Der seit sechs Spielen torlose HSV muss beim Drittligisten Hallescher FC endlich treffen, gewinnen und verlorene Selbstsicherheit zurückgewinnen. Dagegen steht St. Pauli gegen den stark wie lange nicht aufspielenden Bundesliga-Dritten Hertha BSC wohl auf verlorenem Posten. Das Spiel kommt für die angeschlagenen Kiez-Kicker zur Unzeit und eignet sich kaum zur Krisenbewältigung. So unterschiedlich die Erwartungen auch sind, beide zittern vor dem Pokal-Auftritt.
Mit dem 0:3 gegen Eintracht Frankfurt ist der HSV am bisherigen Tiefpunkt dieser Saison angelangt. Weil durch den Trainerwechsel noch keine Besserung zu erkennen ist, gerät nun Beiersdorfer in die Schusslinie. Seit Sommer 2014 führt er die aus dem Verein ausgegliederte Aktiengesellschaft, konnte aber keine Fortschritte nachweisen. „Ich werde da nicht tatenlos zusehen. Es geht sportlich und in der Führung nicht mehr so weiter“, sagte Aufsichtsratschef Karl Gernandt der „Bild“-Zeitung.
Spekulationen, der Rauswurf Beiersdorfers stehe bevor, sind jedoch überzogen. Der Vorstandschef versucht sich seit der Trennung von Peter Knäbel in Personalunion auch als Sportchef – mit wenig Erfolg. Gernandt will das Defizit in der Führung beheben. Der frühere HSV-Abwehrchef Nico-Jan Hoogma soll ein Kandidat für den Posten des Sportdirektors sein.
Im Pokal will das GisdolTeam gegen Drittligist Halle das ersehnte Erfolgserlebnis schaffen. HSV-Torhüter René Adler hatte zuletzt seine Teamkameraden heftig kritisiert: „Es ist eine Frage von Einstellung und Ehre.“Gisdol reagierte am Montag, in dem er das zuletzt schwache Mittelfeld-Talent Alen Halilovic gar nicht erst in den 18 Profis umfassenden Kader berief.
Lienen kritisiert Spieler
Bislang herrschte beim FC St. Pauli Ruhe. Doch einen Tag vor dem Spiel gegen Hertha BSC sprach Trainer Ewald Lienen in einer emotionalen Rede seiner Mannschaft den Kampfgeist ab. Sein Team hatte die vergangenen vier LigaSpiele verloren. Die jüngste Pleite in Sandhausen (0:3) hätte nach Ansicht von Lienen verhindert werden können, „wenn jeder Spieler den Willen gehabt hätte, den Fehler des Mitspielers auszubügeln. Aber die schauen zu und hoffen, dass der andere das regelt“, schimpfte der Coach.
Lienen, der mit St. Pauli in der Vorsaison nur knapp den Aufstieg verpasst hatte, steht auch nach nur fünf Punkten aus zehn Spielen trotz prekärer Situation nicht zur Diskussion. „Wir lassen uns nicht von außen beeinflussen und gehen weiter den St.-PauliWeg“, verkündete Sportchef Thomas Meggle.