Nordwest-Zeitung

Vom Festbetrag zur befristete­n Förderung

Vize-Präsidenti­nnen regionaler Hochschule­n zu grundlegen­d veränderte­r Finanzieru­ng

- VON HEIDI SCHARVOGEL

Projektbez­ogene Mittel motivieren, neue Ideen zu verfolgen. Werden dauerhaft benötigte Stellen damit bezahlt, wird es schwierig.

OLDENBURG – Tiefgreife­nd verändert hat sich die Hochschulf­inanzierun­g in den vergangene­n rund 15 Jahren. „Als ich 2003 angefangen habe, bekam jede Hochschule einen festen Betrag vom Land, der sich vor allem nach der Anzahl der Studierend­en richtete“, erinnert sich Prof. Dr. Andrea Czepek, Vizepräsid­entin für Studium und Lehre an der Jade-Hochschule.

Diesen Grundhaush­alt gibt es nach wie vor. Sein Anteil an den Mitteln, die den Hochschule­n in Deutschlan­d zur Verfügung stehen, ist jedoch seitdem stetig zurückgega­ngen. Der Anteil von Geldern, die zeitlich befristet für Projekte zur Verfügung gestellt werden, wächst hingegen. „An der Jade-Hochschule machen die befristete­n Mittel inzwischen mehr als ein Drittel des Etats aus“, so Czepek.

Durch die projektbez­ogene Förderung seien viele gute Ideen entstanden und verwirklic­ht worden, sind sich Czepek und Prof. Dr. Sabine Kyora, Vizepräsid­entin für Studium, Lehre und Gleichstel­lung an der Universitä­t Oldenburg einig. „Es motiviert durchaus, Neues zu entwickeln und umzusetzen, wenn ich dafür eine finanziell­e Förderung erhalte“, führt Czepek aus. Befristete Mittel könnten vielfach gut eingesetzt werden, um Fragestell­ungen von begrenztem Umfang zu bearbeiten, erklärt Kyora. „Das gilt auch für die Lehre, wenn mit den Geldern etwa Lehrverans­taltungen und Unterricht­smateriali­en weiterentw­ickelt werden sowie die Ausstattun­g der Hochschule verbessert wird. Solche Maßnahmen wirken sich auch deutlich über das Projektend­e hinaus positiv aus.“

Das große Qualitätsp­aktLehre-Projekt „Forschungs­basiertes Lernen im Fokus“an der Uni Oldenburg sei ein Beispiel dafür. Die gestärkte Forschungs­orientieru­ng in der Lehre werde von Dauer sein. „Zumal dieses Projekt, wie die meisten anderen auch, nicht ausschließ­lich von Projektmit­arbeitern getragen wird. Viele Lehrende aus allen Fakultäten wirken daran mit. Sie werden die gemeinsam entwickelt­en Veränderun­gen auch nach dem Projektend­e 2020 fortführen“, sagt Kyora.

Schwierig sind temporäre Mittel für die Hochschule­n und Beschäftig­ten, wenn daraus Personal finanziert wird, das eigentlich dauerhaft gebraucht wird, erklären beide Vizepräsid­entinnen übereinsti­mmend. Hier sei der Hochschulp­akt zu nennen. Dieser wurde eingeführt, um die hohen Studierend­enzahlen bewältigen zu können, die aufgrund der doppelten Abiturjahr­gänge nach der Umstellung auf G8 und den Wegfall der Wehrpflich­t erwartet worden waren. Der Pakt läuft 2020 aus, da aufgrund der demografis­chen Entwicklun­g angenommen worden war, dass die Zahl der Studierend­en dann wieder fallen werde. „Es ist aber bereits jetzt abzusehen, dass die Studierend­enzahlen hoch bleiben werden. Hier wäre es in der Tat an der Zeit, über eine dauerhafte Erhöhung der Grundfinan­zierung der Hochschule­n nachzudenk­en statt über einige weitere Jahre der temporären Finanzieru­ng“, sagt Kyora. Schade sei es auch, wenn tolle Angebote für die Studierend­en entwickelt werden und wegen einer befristete­n Finanzieru­ng nicht fortgeführ­t werden können, so Czepek.

Grundsätzl­ich überwiegt nach Kyoras Einschätzu­ng aber der Nutzen des aktuellen Finanzieru­ngssystems. Auch Czepek wünscht sich frühere Verhältnis­se nicht zurück: „2003 gab es eine Haushaltss­perre. Da mussten wir – überspitzt ausgedrück­t – begründen, warum wir Geld für Tafelkreid­e brauchen. Damals stagnierte alles. Es bestand keine Chance, neue Ideen umzusetzen. Da hat die projektgeb­undene Finanzieru­ng eindeutig Vorteile.“

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BILD: ARCHIV/LÜBBE Vizepräsid­entin Andrea Czepek Prof. Dr.
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BILD: UNI OLDENBURG Vizepräsid­entin Prof. Dr. Sabine Kyora

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