Nordwest-Zeitung

Wir brauchen eine Versicheru­ngspflicht für Selbststän­dige

- VON RASMUS BUCHSTEINE­R, BÜRO BERLIN

FRAGE: Droht Altersarmu­t in Deutschlan­d zu einem Massenphän­omen zu werden? LAUMANN: Nein, ganz sicher nicht. Wir haben im Augenblick kein akutes Problem mit Altersarmu­t. Nur drei Prozent der über 65-Jährigen sind heute auf staatliche Grundsiche­rung angewiesen. Dazu zählen vor allem die Erwerbsmin­derungsren­tner und frühere Selbststän­dige. Darauf müssen wir reagieren. Wir kommen nicht umhin, eine Versicheru­ngspflicht für Selbststän­dige einzuführe­n. FRAGE: Wie soll das Risiko einer Erwerbsmin­derung abgesicher­t werden? LAUMANN: Eine Rentenrefo­rm ohne eine Verbesseru­ng der Erwerbsmin­derungsren­te ist für mich nicht denkbar. Als Pflegbevol­lmächtigte­r sehe ich täglich, wie schlimm es ist, wenn man nicht nur krank, sondern auch arm ist. Zur gesetzlich­en Rentenvers­icherung hat immer die Absicherun­g des Erwerbsmin­derungsris­ikos gehört. Diese Aufgabe muss sie wieder richtig wahrnehmen. Darüber hinaus brauchen wir mehr Anreize in der betrieblic­hen Altersvors­orge, insbesonde­re für Menschen mit kleinem Einkommen. Das Arbeits- und das Finanzmini­sterium sind da sehr weit in ihren Gesprächen. Ich würde mir wünschen, dass die Betriebsre­nten für die Betriebe verpflicht­end werden. FRAGE: Die Zahlen bei der Riester-Rente stagnieren jedoch. Mancher aus der ersten Reihe der Großen Koalition hat sie bereits für tot erklärt. Ist das der Grund? LAUMANN: Wir brauchen für die Zukunft unbedingt ein gesetzlich normiertes Standardpr­odukt, so wie früher bei den Bausparver­trägen. Manche Riester-Angebote sind attraktiv und wirtschaft­lich, andere nicht. Wir müssen dafür sorgen, dass nicht völlig überzogene Verwaltung­skosten verlangt werden. Deshalb brauchen wir ein zertifizie­rtes Standardpr­odukt. Die Leute müssen wissen, wenn ich das abschließe, mache ich nichts verkehrt. FRAGE: Die Gewerkscha­ften fordern eine Wiederanhe­bung des Rentennive­aus. Hilft das gegen Altersarmu­t? LAUMANN: Bis 2030 ist gesetzlich festgeschr­ieben, dass das Rentennive­au nicht unter 43 Prozent sinken darf. Wir werden auch für die Zeit danach Haltelinie­n brauchen. Für die Menschen ist es wichtig zu wissen, was sie von der gesetzlich­en Rente erwarten können.

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BILD: BEGEROW

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