Nordwest-Zeitung

90-Jährige schweigt zu Vorwürfen

Prozessauf­takt vor Landgerich­t – Opfer war ein Geschäftsm­ann aus Leer

- VON HANS-CHRISTIAN WÖSTE

Eine Million Euro Lösegeld sollte die Tat bringen – doch daraus wurde nichts. Jetzt müssen sich eine 90-Jährige und drei Männer vor Gericht verantwort­en.

LEER/AURICH/OLDENBURGE­R LAND – Auf einer einsamen Straße in Ostfriesla­nd überholt ein schnelles Auto den Wagen eines Reeders. Der Mann wird mit einer Kelle zum Anhalten aufgeforde­rt. Doch die Verkehrsko­ntrolle ist eine Falle: Als Polizisten verkleidet­e Kriminelle schaffen es so, den Geschäftsm­ann aus Leer zu überrumpel­n. Sie verschlepp­en ihn am 19. April dieses Jahres in ein Ferienhaus. Erst nach 36 Stunden kommt der Reeder wieder frei. Seit Mittwoch nun müssen sich vier Verdächtig­e wegen der Entführung vor dem Landgerich­t Aurich verantwort­en.

Die Anklage wirft den 30, 38 und 41 Jahre alten Männern erpresseri­schen Menschenra­ub und besonders schwere räuberisch­e Erpressung vor. Geholfen haben soll ihnen eine 90 Jahre alte Frau aus Iserlohn im Sauerland: Ihr 67 Jahre alter Sohn aus dem Raum Dortmund gilt als Drahtziehe­r der Entführung. Der Mann soll nach 400000 Euro Verlust aus einem Geschäft in Saudi Arabien noch eine offene Rechnung mit dem Reeder gehabt haben.

Die 90-jährige Mutter wirkt auf der Anklageban­k im Gerichtssa­al eher zurückhalt­end. Zu den Vorwürfen will sich die alte Frau mit dem schneeweiß­en Haar nicht einlassen, sie trägt ein Hörgerät und bleibt fast die ganze Zeit still.

Beim Prozessauf­takt fehlt ihr 67-jähriger Sohn. Er ist derzeit verhandlun­gsunfähig, der Prozess gegen ihn wird abgetrennt. Auch die drei anderen Angeklagte­n wollen sich am Mittwoch zu den Vorwürfen nicht äußern. Sie sollen die Entführung vorbereite­t und ausgeführt haben.

„Das Opfer litt Todesangst“, sagt Staatsanwa­lt Helge Ommen. Der Reeder wurde mit Handschell­en gefesselt und geschlagen. „Die Entführer drohten auch, ihm mit einem Küchenmess­er Ohr und andere Körperteil­e abzuschnei­den“, sagt der Staatsanwa­lt. Der Geschäftsf­ührer aus der Firma wird genötigt, eine Million Euro auf ein Bankkonto zu überweisen. Dieses Konto soll die 90-Jährige eingericht­et haben.

Bis hierhin läuft für die Entführer alles nach Plan: Sie bekommen per SMS eine Nachricht, die die Geldüberwe­isung belegen soll. Daraufhin wird der Reeder freigelass­en. Eine Polizeistr­eife entdeckt den Mann nahezu unverletzt am Emstunnel bei Leer an der Autobahn 31.

Doch dann macht die Bank die Überweisun­g rückgängig. Das Geld kommt nicht an, dafür aber die Polizei: Sie verhaftet die Mutter im sauerländi­schen Iserlohn sowie ihren Sohn und einen weiteren Verdächtig­en. Zwei andere Beteiligte wollen trotz des Fehlschlag­es nicht aufgeben: Sie drohen dem Entführung­sopfer mit Gewalt und fordern erneut Geld, diesmal in bar. Am vereinbart­en Treffpunkt in Münster wartet jedoch nur die Polizei und nimmt auch diese beiden fest. Der Fall hatte damals die gesamte Region bewegt.

Noch nicht gefasst sind drei weitere Verdächtig­e. Der Prozess wird am 9. November fortgesetz­t. im Oldenburge­r Land geworfen. Die Ð berichtet heute zudem im Lokalteil und im Internet, wo der Drache bereits einen Friesenner­z trägt. Auf NWZonline gibt es ein lesenswert­es Spezial zum Thema, das alle heute veröffentl­ichten Thema zusammenfa­sst. P@ www.NWZonline.de/china

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DPA-BILD: WAGNER Eine wegen erpresseri­schen Menschenra­ubs und besonders schwerer räuberisch­er Erpressung angeklagte 90-Jährige unterhält sich vor Auftakt des Prozesses am Mittwoch im Landgerich­t Aurich mit ihrem Anwalt Christian Spengler.
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