Spurensuche in digitalen Welten
Bremer „Tatort“spielt mit Technik-Ängsten – Folge „Echolot“am Sonntag in der ARD
Die Geschäftsführerin einer Computerfirma stirbt beim Autounfall. Bremsspuren gibt es nicht, aber zahlreiche Motive für einen Mord.
BREMEN – Verlaufene Farben, Nullen und Einsen flackern weiß über eine dunkle Straße, dann eine Weißblende – eine Frau wird nach einem Autounfall tot aus ihrem Wagen geborgen. Die ersten Sequenzen des neuen Bremer „Tatorts“mit dem Titel „Echolot“symbolisieren den Start eines digitalen Assistenten vor, der die jungen Unternehmer zu Ruhm und Erfolg führen könnte. Der Assistent heißt „Nessa“– eine digitale Kopie von Vanessa Arnold.
So eigenständig und menschlich wirkt „Nessa“, dass selbst die Kommissare und die Angehörigen die Kopie zunächst mit der realen Version verwechseln. Als klar wird, dass Arnold ihr digitales Alter Ego und damit auch den Erfolg der Firma zerstören wollte, verschärft sich der Verdacht gegen ihre Mitstreiter Kai Simon (Lasse Myhr), Paul Beck (Christoph Schechinger) und ihren Mann und Geschäftspartner David Arnold (Matthias Lier). Eine Spurensuche im digitalen Raum beginnt, der die künstliche Intelligenz eines Computerprogramms mit dem Instinkt der Kommissare misst.
Den Regisseuren, Claudia Prietzel und Peter Henning, ist es mit „Echolot“gelungen, Ängste und Hoffnungen verbunden mit digitaler Technik aufzugreifen. „Klingt irgendwie nach Sci-Fi“, sagt Stedefreund, als er die virtuelle Welt um „Nessa“mit einer VirtualReality-Brille betritt.
Der „Tatort“porträtiert digitale Welten auch als Barriere, die sich zwischen die Generationen schiebt. Besonders deutlich wird der Kontrast bei der Mutter der Toten, (Eleonore Weisgerber), die ihre Enkelin Lily (Emilia Pieske) betreut. Auf der einen Seite die greifbare Großmutter mit Baumhaus und Werkbank, auf der anderen das Kind, das mit Tablet im Arm einschläft – auf dem Bildschirm die perfekte Kopie ihrer toten Mutter.
Makabre Szenen von Überwachung und Kontrollverlust spielen in „Echolot“mit Orwellschen Fantasien, die in Zeiten von VR-Brillen und digitalen Blutdruckmessern immer wahrscheinlicher wirken. Im Zuge der ARD-Themenwoche „Zukunft der Arbeit“eine erschreckend passende Folge.
Ende August hatten die Stuttgarter „Tatort“-Ermittler Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) mit einen Fall zu tun, der an „Echolot“erinnert: Genau wie in Bremen war eine junge Frau getötet worden. Sie hatte in einer Softwarefirma gearbeitet, die für ein Programm verantwortlich war, dessen künstliche Intelligenz sich schließlich nicht mehr kontrollieren ließ.