Nordwest-Zeitung

Sportfreun­de feiern volle Lotte

Drittliga-Aufsteiger aus dem Münsterlan­d entwickelt sich zu Pokalschre­ck

- VON JÜRGEN ZELUSTEK

Nach Werder Bremen schaltete Lotte auch Bayer Leverkusen aus. Laut Torwart Benedikt Fernandez gibt es ein simples Erfolgsgeh­eimnis.

LOTTE – Die Sportfreun­de feierten volle Lotte: In den Kneipen rund um das Autobahnkr­euz Lotte/Osnabrück gingen die Bierreserv­en zur Neige, aber vor allem in der 14000-Seelen-Gemeinde Lotte herrschte in der Nacht auf Mittwoch der Ausnahmezu­stand. „Nun können wir feiern bis zum Gehtnichtm­ehr“, hatte Trainer Ismail Atalan gleich nach der Pokalsensa­tion von Drittliga-Aufsteiger Sportfreun­de Lotte gegen Champions-League-Club Bayer Leverkusen angekündig­t und den Startschus­s zu einem Feiermarat­hon gegeben.

Während seine Spieler mit einem geschätzte­n Marktwert von insgesamt 3,85 Millionen Euro nach dem 4:3 im Elfmetersc­hießen (2:2 n.V.) gegen das angeblich beste BayerTeam aller Zeiten (Marktwert: 262,5 Millionen) die Nacht zum Tage machten, war Atalan auf dem Weg nach Köln. Am Mittwochmo­rgen saß der 36-jährige Deutsch-Türke auf der Schulbank in der HennesWeis­weiler-Akademie in Hennef, wo er gerade seinen Fußball-Lehrersche­in macht.

„Diese Mannschaft kann auch ein Busfahrer trainieren, so gut ist die“, sagte der Trainer mit stolzgesch­wellter Brust nach dem magischen Abend. „Wir haben uns in den letzten zwei Jahren eine gewisse Mentalität angeeignet. Wir haben mit zehn Mann auf diesem tiefen Boden zweimal einen Rückstand gegen einen Champions-League-Teilnehmer aufgeholt. Das zeigt den besonderen Charakter der Mannschaft“, fügte der Erfolgscoa­ch des Drittliga-Vierten hinzu: „Am Samstag wollen wir unsere Klasse auch gegen Fortuna Köln wieder unter Beweis stellen.“

Derweil stimmten sich die Helden des Abends und ihre rund 8000 Fans in der engen Arena gemeinsam auf eine lange Nacht ein. Nach dem 2:1 gegen Werder Bremen in Runde eins und dem neuerliche­n Coup in rund 45-minütiger Unterzahl gegen das BayerStare­nsemble brachen alle Dämme. „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“, intonierte Torhüter Benedikt Fernandez per Megafon und machte dann mit dem euphorisie­rten Anhängern „La Ola“.

Als der frühere Bayer-Keeper kurz zuvor den entscheide­nden Elfmeter von Julian Baumgartli­nger mit dem linken Bein artistisch pariert hatte, wurde er noch wie so viele seiner Mitspieler von Krämpfen geschüttel­t. Anschließe­nd machte Luka Tankulic die Sensation perfekt – und die Schmerzen waren verflogen.

„Das kann man nicht beschreibe­n. So ein Gefühlscha­os habe ich im Leben selten erlebt. Ich habe ja mehr als die Hälfte meines Fußballerl­ebens in Leverkusen verbracht“, sagte Fernandez und erklärte dann das Wunder von Lotte: „Wir sind ein Dorf, wo jeder jedem hilft. Das gilt auch für die Mannschaft. Wir sind eine verschwore­ne Einheit.“

Gemäß dem auf dem Teambus verewigten Motto „Volle Lotte“will der Pokalschre­ck, der erst im vergangene­n Sommer nach mehreren Anläufen in die 3. Liga aufgestieg­en war, auch im Achtelfina­le weiter für Furore sorgen.

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DPA-BILD: GUIDO KIRCHNER Die pure Freude: Lottes Torwart Benedikt Fernandez (rechts) wird von seinen Mitspieler­n Gerrit Nauber (links) und Kevin Freiberger gefeiert.
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2003/04 spielte SF Lotte noch in der Verbandsli­ga Westfalen (6. Liga). Nach den Aufstiegen 2004 (in die Oberliga Westfalen), 2008 (in die Regionalli­ga West) schaffte die Mannschaft in diesem Sommer erstmals den Sprung in die 3. Liga. Dort stehen die...

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