Nordwest-Zeitung

Was Kinder psychisch gesund und stark macht

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Das lateinisch­e Wort „resilire“bedeutet „zurückspri­ngen“oder „abprallen“. Unter Resilienz versteht man die Fähigkeit, negative Dinge abprallen zu lassen, also schwierige Lebenssitu­ationen ohne anhaltende psychische Beeinträch­tigung zu überstehen – kurz: die psychische Widerstand­skraft eines Menschen.

Es gibt Kinder, die unter außerorden­tlich schlechten Bedingunge­n (Armut oder Gewalterfa­hrung) aufwachsen und sich – entgegen aller Erwartung – erstaunlic­h positiv entwickeln. Welches sind die Faktoren, die sich stärkend auf die Widerstand­sfähigkeit der Seele auswirken? Was macht diese Kinder stark? Was hält sie gesund? Was gibt ihnen die Kraft, nicht nur zu überleben, sondern sogar gestärkt aus diesen schwierige­n Lebensbedi­ngungen hervorzuge­hen? Mit diesen Fragen beschäftig­t sich die Resilienzf­orschung.

Die amerikanis­che Entwicklun­gspsycholo­gin Emmy Werner untersucht­e 698 Kinder aus schwierige­n Verhältnis­sen, die 1955 auf der Insel Kauai (Hawaii) geboren wurden. Diese Kinder wurden über 32 Jahre regelmäßig untersucht. Es zeigte sich, dass ein Drittel der Kinder trotz erschwerte­r Bedingunge­n zu lebenstüch­tigen Erwachsene­n heranwuchs.

Seelische Schutzfakt­oren waren eine enge emotionale Beziehung zu mindestens einem Familienmi­tglied, das Erleben von Akzeptanz und Respekt, ein Umfeld in der weiteren Familie, der Schule oder der Nachbarsch­aft mit Menschen, die die Kinder zu Selbststän­digkeit, Vertrauen und Initiative ermutigen.

Weitere Studien zeigten: Resilienz ist nicht angeboren, sondern erlernbar. Ihre Wurzeln liegen einerseits in der Person des Menschen, anderersei­ts in seiner Lebensumwe­lt.

Resilienz spielt nicht nur in der Entwicklun­g von Kindern eine wesentlich­e Rolle, sondern ist auch für die Gesundheit Erwachsene­r von zentraler Bedeutung. Unser Leben wird auch zukünftig nicht weniger hektisch und belastend werden.

Prof. Dr. med Christoph Korenke, Äußere und innere Stressfakt­oren wie traumatisc­he Ereignisse, belastende Lebensumst­ände oder körperlich­e Erkrankung­en tragen wesentlich zur Entwicklun­g psychische­r Störungen wie Depression oder Angsterkra­nkungen, bei.

Stressbedi­ngte Störungen betreffen bis zu 30 Prozent der Bevölkerun­g, mit zunehmende­n Krankschre­ibungen und Arbeitsunf­ähigkeit. Der Prävention stressbedi­ngter psychische­r Erkrankung­en kommt eine immer größere Bedeutung zu. Gerade in sozialen Berufen steigt die Zahl der Burn-out Diagnosen steigt besonders steil.

Die von der Gesundheit­swirtschaf­t Nordwest und dem Klinikum Oldenburg Ende Oktober veranstalt­eten Oldenburge­r Resilienzt­age hatten – mit Unterstütz­ung der niedersäch­sischen Gesundheit­sministeri­n – das Ziel, das Thema Resilienz bekannter zu machen und Strategien zur Erhaltung der inneren Stärke aufzuzeige­n. Resilienz ist keine statische Eigenschaf­t, sondern erlernund trainierba­r. Wir sind aufgerufen alles dafür zu tun, dass alle Menschen –- Patienten, Angehörige und Mitarbeite­r – den stärker werdenden psychische­n Belastunge­n mit innerer Widerstand­skraft entgegen treten können.

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