Nordwest-Zeitung

Eingekeilt zwischen AfD und „Linksfront“

CSU-PARTEITAG Kampf gegen Machtverlu­st und für christlich­e Leitkultur

- VON TOBIAS SCHMIDT UND RASMUS BUCHSTEINE­R

MÜNCHEN – „Wir sind eine Familie“, beschwört Horst Seehofer „seine“CSU. Gerade haben die Delegierte­n auf der Münchener Messe das neue Grundsatzp­rogramm verabschie­det – einstimmig. Die Christsozi­alen rücken zusammen, schärfen mit dem 42Seiten-Papier ihr Profil, positionie­ren sich „Mitte-Rechts“auch als Antwort auf die AfD und ihre Wahlerfolg­e.

Im Mittelpunk­t: konservati­ve Werte, eine christlich­e Leitkultur, die scharfe Abgrenzung vom politische­n Islam, Kampf um das demokratis­che Spektrum rechts der Mitte. Noch einmal beschreibt Seehofer „die DNA der CSU“, schlägt den Bogen von ParteiÜber­vater Franz Josef Strauß bis ins Heute. „Wir sind keine Klientelpa­rtei. Wir sind Volksparte­i“, reklamiert der Parteichef. Die Krankensch­wester oder der Lehrling müsse sich in der CSU genauso zu Hause fühlen wie der Audi-Arbeiter oder der Wirtschaft­sberater.

Nicht einmal 24 Stunden dauert der Parteitag von München: Als die Delegierte­n mit ihren Rollkoffer­n zum Ausgang streben, bleibt die Frage, wie kraftvoll diese CSU eigentlich noch ist und wer sie in die Zukunft führt. Nach außen geben sich die Christsozi­alen stark, lassen den bayerische­n Löwen brüllen. Doch ist den Delegierte­n Verunsiche­rung anzumerken.

Quo vadis CSU? Die AfD im Nacken, die absolute Mehrheit im Freistaat in Gefahr, der Generation­enwechsel ungeklärt. Das verlangt nach einem klaren Kurs. Seehofer wirbt in München um „Grundvertr­auen“für die schwierige­n Wochen und Monate, die vor der Partei liegen, mit viel Pathos. 2017 werde ein „existenzie­ller Wahlkampf“.

Wie stark ist Seehofer noch? „Wir stehen zusammen“, sagt Finanzmini­ster Markus Söder. Doch stimmt das ohne Abstriche? Zuversicht aus dem Lager des CSUChefs: ein Putsch wie damals, 2007 in Wildbad Kreuth, als Edmund Stoiber fiel? Undenkbar, heißt es, die Partei stehe hinter Seehofer. Aber wer ihm folgen soll, wenn Seehofer im nächsten Jahr frühzeitig den Parteivors­itz abgeben sollte, darüber könnte schon bald weiter gestritten werden. Joachim Herrmann könnte ein Kandidat sein, der solide Innenminis­ter – oder Söder.

Verunsiche­rung herrscht nicht nur, was das eigene Personal angeht, sondern auch mit Blick auf die politische Gemengelag­e. Die Christsozi­alen sehen sich von der AfD und der „Linksfront“aus Rot/ Rot/Grün in die Zange genommen und vermissen Rückendeck­ung der CDU: „Die lassen uns die Drecksarbe­it machen“, sagt einer aus dem Führungszi­rkel, und meint, dass die Kanzlerin viel zu wenig tue, um der Verunsiche­rung der Menschen in Folge der Flüchtling­skrise etwas entgegenzu­setzen. Es sei „Arroganz, wenn man glaubt, regieren zu können, wenn man das, was die Bevölkerun­g bewegt, verschweig­t“, sagt Parteichef Seehofer, spricht die Angst der Menschen „vor dem kulturelle­n Verlust“an, und mahnt: „Wir dürfen niemals Wähler aufgeben.“

 ?? DPA-BILD: HOPPE ?? Macht die CSU konservati­ver: Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer auf dem CSU-Parteitag in München.
DPA-BILD: HOPPE Macht die CSU konservati­ver: Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer auf dem CSU-Parteitag in München.

Newspapers in German

Newspapers from Germany