Atemberaubende Konzentration auf Fernbusmarkt
VERKEHR Günstig im Preis und weitgehend pünktlich – Fahrer haben lange Arbeitstage
BERLIN/KU – Fast vier Jahre nach der Liberalisierung des Fernbusmarktes hat die Stiftung Warentest sieben Anbieter unter die Lupe genommen. Sie wollte unter anderem wissen: Wie einfach lassen sich die Tickets buchen? Wie steht es um Service, Komfort und Pünktlichkeit auf den Fahrten? Drei Kandidaten sind während des Tests abhandengekommen, berichtet die Zeitschrift „test“(11/16).
Zuerst gab der britische Billiganbieter Megabus auf, der Fahrkarten ab 1,50 Euro verkaufte. Etwas später folgte der ambitionierte Postbus, der ein Jahr nach dem Start seinen Partner ADAC verlor. Beide Anbieter hat inzwischen der Marktführer Flixbus übernommen. Der aus der Fusion von MeinFernbus und Flixbus hervorgegangene Gigant auf der Bus-Fernstrecke hat seinen Marktanteil durch die Zukäufe auf rund 80 Prozent gesteigert. Flixbus wird seine Macht wahrscheinlich noch weiter ausbauen. Mitte September gab die Deutsche Bahn bekannt, dass der zu ihr gehörende BerlinLinienbus vom Markt verschwindet. Tickets sind bereits nicht mehr buchbar.
Die großen Fernbusunternehmen haben bisher keine Gewinne eingefahren. Kein Wunder bei den niedrigen Preisen und der zum Teil sehr geringen Auslastung der Busse. Das könnte sich jetzt ändern. Da es zu Flixbus auf vielen Strecken keine Alternative mehr gibt, werden die Busse wohl voller und die Preise für die Tickets möglicherweise etwas steigen. Groß wird die Anhebung wohl nicht sein. Schließlich konkurriert der Fernbus weiterhin mit der deutlich schnelleren Bahn, die mit attraktiven Sparpreisen lockt.
Doch insgesamt sind Fernbusreisen günstig im Preis, kosten aber Zeit. Die Flixbusse fuhren im Test weitgehend pünktlich. 75 Prozent der überprüften Fahrer kamen maximal zehn Minuten verspätet ans Ziel. Buchen und Stornieren waren einfach. Wer ein paar Wochen im Voraus bucht, kann die Sparpreise der Bahn nutzen. Die sind zwar teurer als die Bustickets, aber man ist deutlich schneller am Ziel.
Den Erfolg einer Fernbusfahrt bestimmt zum großen Teil der Busfahrer. Die Kapitäne haben keinen leichten Job und oft einen langen Arbeitstag. Sie müssen die Passagiere einchecken, Gepäck und Fahrräder verstauen, die Gäste informieren, Snacks und Getränke verkaufen – und natürlich fahren. Das bedeutet hohe Konzentration über mehrere Stunden, auch wenn die modernen Busse mit vielen Assistenzsystemen ausgestattet sind.
Und am Ziel hat der Fahrer noch lange nicht Feierabend. Die Gewerkschaft Verdi klagt, dass es nicht fair sei, wenn „Waschen, Tanken, Putzen nicht als Arbeitszeit gerechnet und nicht bezahlt werden“. So kämen zur maximal zulässigen täglichen Lenkzeit von neun Stunden mindestens 1,5 Stunden für weitere Arbeiten hinzu. Die Fahrer seien nicht selten 13 oder sogar 15 Stunden unterwegs. Eine EU-Verordnung legt die Lenk- und Ruhezeiten penibel fest. Nach 4,5 Stunden Lenkzeit muss der Fahrer zum Beispiel eine 45-minütige Ruhepause einlegen. Doch Staus und Fahrten zur Übernahme eines Busses können den Arbeitstag erheblich verlängern.
Auf den Testfahrten, für die die Tester möglichst lange Strecken ausgesucht haben, waren die Lenk- und Ruhezeiten nicht zu beanstanden. Bei Fahrten mit mehr als 4,5 Stunden Dauer waren oft zwei Fahrer an Bord, die sich abwechselten. Sonst wurden die Ruhezeiten, soweit die Tester das beurteilen konnten, immer eingehalten.
Das Verhalten der Fahrer irritierte aber mitunter. So telefonierten einige Chauffeure während der Fahrt mit dem Handy ohne Freisprecheinrichtung. Das ist nicht nur verboten, sondern sehr gefährlich. Alle Fernbusse sollten selbstverständlich mit einer Freisprecheinrichtung ausgestattet sein.
Den technischen Zustand der Fahrzeuge konnten die Prüfer naturgemäß nur begrenzt bewerten. Die Tester beurteilten lediglich den äußeren Zustand der Busse. Da gab es wenige Beanstandungen. Auch die Prüfplaketten waren immer aktuell.