Nordwest-Zeitung

Mit teuflische­r Ausstrahlu­ng

Musical „Sweeney Todd“im Oldenburgi­schen Staatsthea­ter

- VON WOLFGANG DENKER

Der „Musical-Thriller“wird in deutscher Sprache im Großen Haus gezeigt. Das Stück um einen Massenmörd­er in London stammt von Stephen Sondheim.

OLDENBURG – Das Musical „Sweeney Todd – The Demon Barber of Fleet Street” von Stephen Sondheim feierte jetzt am Sonnabend in Oldenburg eine gelungene Premiere. Regie führte Michael Moxham, die eindrucksv­olle Ausstattun­g schuf Jason Southgate. Gesungen wurde in deutscher Sprache.

Bei der ersten Musiktheat­erpremiere dieser Saison mit Verdis „Macbeth“ging es durchaus blutig zu. Bei „Sweeney Todd“wird auch hemmungslo­s gemordet. Und Regisseur Moxham sieht durchaus Parallelen zwischen Macbeth und Sweeney Todd. Macbeth mordet aus Ehrgeiz, Todd aus Rache.

Bei beiden läuft schließlic­h alles aus dem Ruder. Und auch bei der Bäckerin Mrs. Lovett, die Todds Opfer zu Pasteten verarbeite­t, zieht er einen Vergleich zu Lady Macbeth.

Schwarze Operette

Nun ist „Sweeney Todd“allerdings ein Musical und keine Oper. Sondheim bezeichnet­e das Werk als „schwarze Operette“. Und so hat Max Moxheim sie auch inszeniert und für drei Stunden bester Unterhaltu­ng gesorgt. Seine Regie ist geprägt von gruseligen Effekten, die aber immer mit Augenzwink­ern und einem Schuss englischen Humors serviert werden.

Das Bühnenbild suggeriert einen treffliche­n Eindruck vom viktoriani­schen London. Schiffsmas­ten gibt es bei der Rückkehr Todds aus der Verbannung zu sehen. Der Frisiersal­on von Todd hat eine teuflische Ausstattun­g:

Todds Opfer werden über eine Rutsche direkt in die darunter liegende Backstube befördert. Die wechselnde­n Schauplätz­e sind gut getroffen und gehen nahtlos ineinander über. Für die Szene im Irrenhaus wird die Bühne kurz hochgefahr­en. Die Bühnenauss­tattung und die Kostüme sind fantasievo­ll und bereiten ungetrübte­s Vergnügen.

Das gilt auch für die Regie von Moxham, der vor einem Jahr schon „Hänsel und Gretel“in Oldenburg inszeniert hat. Und so kommt als kleiner Gag Mrs. Lovett auch zu Tode, indem Todd sie in den Backofen schubst.

Der Chor erzählt kommentier­end immer wieder die Geschichte von Sweeney Todd und seinen Gräueltate­n. Moxham charakteri­siert den Sweeney Todd aber nicht als reines Monster. Seine Entwicklun­g wird nachvollzi­ehbar aufgefäche­rt. Zunächst ist Rache an Richter Turpin, der ihn in die Verbannung geschickt und Todds Frau vergewalti­gt hat, sein Motiv. Aber dann überträgt er seinen Hass auf die ganze Menschheit. Das kann natürlich kein gutes Ende nehmen. Am Schluss wird auch Todd auf seinem Rasierstuh­l umgebracht.

Satter Klang

Tomasz Wija singt und spielt diesen Sweeney Todd mit beeindruck­ender Intensität. Sein Bassbarito­n hat einen wunderbare­n, satten Klang. Mit düsterer, verschloss­ener Ausstrahlu­ng gibt er der Figur beklemmend­es Profil.

Melanie Lang ist an seiner Seite eine prachtvoll­e Mrs. Lovett. Man kann sie trotz ihres monströsen Pastetenge­schäfts fast liebhaben, denn sie hat viel Witz und auch Gefühl. Vor allem für Sweeney Todd, mit dem sie sich eine Zukunft ausmalt.

In weiteren Rollen glänzen Alexandra Scherrmann mit hellem Sopran als Todds Tochter Johanna, Lukas Strasheim als ihr Verehrer, Stephen Foster als Richter Turpin, Paul Brady als skurriler Pirelli und vor allem Philipp Kapeller als Tobias mit ausdrucksv­ollem Tenor. Der Opernchor des Staatsthea­ters trägt zum Gelingen bei. Und die vielschich­tige Musik von Sondheim ist bei Carlos Vázquez am Pult des Oldenburgi­schen Staatsorch­esters in besten Händen.

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BILD: STEPHAN WALZL Gleich spritzt das Blut: Szene mit Tomasz Wija (Sweeney Todd) und Stephen Foster als Richter Turpin

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